26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
17.07.20 / Körper und geist / Wer seinem Leben einen Sinn gibt, lebt länger / Untersuchungen haben ergeben: Aktive Sinnerfahrung fördert maßgeblich die Gesundheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29 vom 17. Juli 2020

Körper und geist
Wer seinem Leben einen Sinn gibt, lebt länger
Untersuchungen haben ergeben: Aktive Sinnerfahrung fördert maßgeblich die Gesundheit
Wolfgang Kaufmann

Wenn ein Mensch sein Leben als sinnvoll empfindet, hat dies viele messbare positive Auswirkungen. Das zeigen inzwischen diverse wissenschaftliche Studien. Er steht Extremsituationen besser durch und der Umgang mit negativen Emotionen fällt ihm leichter. Wer keine Sinnkrise durchleidet, bewegt sich mehr, ernährt sich angemessener und konsumiert weniger legale oder illegale Drogen. 

Sterberisiko halbiert sich 

Das fördert die körperliche und geistige Gesundheit bis ins hohe Alter. Personen, die einen tieferen Sinn in ihrem Leben sehen, erkranken seltener an Alzheimer, Depressionen und Störungen des Herz-Kreislauf-Systems. Dazu kommt eine deutlich schlagkräftigere Immunabwehr.

Die US-amerikanische Neuropsychologin Patricia Boyle vom Rush University Medical Center in Chicago befragte 2009 mehr als 1000 Senioren, ob sie der Meinung seien, dass ihr Leben einer Bestimmung folge. Dann beobachtete sie fünf Jahre lang, welche der Probanden starben. Das Ergebnis war frappierend: Unter denen, die an mangelnder oder ganz fehlender Sinnerfahrung litten, lag das Sterberisiko doppelt so hoch wie in der Vergleichsgruppe. Diese Studie wurde inzwischen mehrfach mit größeren Zahlen von Probanden wiederholt, wobei das Resultat immer das Gleiche war.

Was aber stiftet jenen Sinn, der offenbar ein mächtiges Lebenselixier darstellt? Auch hierzu fand die Wissenschaft Antworten. Offenbar sind erfüllte zwischenmenschliche Beziehungen für viele die wesentlichste Quelle eines sinnvollen Lebens. Wobei dies sogar für virtuelle Sozialkontakte gilt, wie der US-Marketing- und Wirtschaftspsychologe Tyler Stillman unlängst entdeckte.

Gefühl, etwas Bedeutsames zu tun

Ansonsten darf auch der Einfluss der Gene nicht unterschätzt werden. Individuelle vererbliche Persönlichkeitsmerkmale, die Begeisterungsfähigkeit und Fleiß bedingen, sorgen dafür, dass wir unsere Tätigkeiten als mehr oder weniger bedeutungsvoll ansehen, was sich dann wiederum auf das Sinn-Erleben auswirkt.

Die empirische Sinnforscherin Tatjana Schnell vom Psychologischen Institut der Universität Innsbruck fand darüber hinaus noch weitere Faktoren. Einer davon ist die Zukunftsorientierung. Wer glaubt, dass sein Leben Spuren hinterlassen werde, empfindet es als sinnvoller. In diesem Zusammenhang spielt auch das Phänomen der Generativität eine wichtige Rolle. Etwas für die nachfolgenden Generationen zu tun, diesen ein irgendwie geartetes Vermächtnis zu hinterlassen, schafft ein ausgeprägtes Sinnempfinden. Dazu kommt noch die Kohärenz, das heißt die Möglichkeit, den eigenen Werten gemäß leben zu können. Und das Gefühl, dazuzugehören, das heißt, seinen Platz in der Welt zu haben.

Dabei ergibt sich Sinn niemals automatisch von selbst. Zum einen erfordert er aktives Handeln. Nachdenken reicht nicht – das für bedeutsam Gehaltene muss auch tatsächlich getan werden. Zum anderen ist das Ergebnis der Sinnsuche so individuell wie die jeweilige Lebenslage eines Menschen. Oder, um es mit den Worten Schnells zu sagen: „Sinn steckt nirgends objektiv drin; wir selbst sind es, die Situationen einen Sinn zuschreiben.“