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17.07.20 / Der Wochenrückblick / Farbenlehre für Schwarzseher / Warum ein Kuss zum Dauerbrenner wird und Mercedes sich von seiner dunklen Seite zeigt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29 vom 17. Juli 2020

Der Wochenrückblick
Farbenlehre für Schwarzseher
Warum ein Kuss zum Dauerbrenner wird und Mercedes sich von seiner dunklen Seite zeigt
Klaus J. Groth

Zugegeben, der Tag des Kusses wäre in diesem Jahr an mir vorbeigerauscht wie der Tag der Salzstange oder der Tag des Hühnerfrikassees. Ich hatte die Bedeutung des 6. Juli einfach vergessen. Dabei war das eigentlich nicht möglich. Weil es gerade ziemlich viel Aufregung um einen Kuss gibt. Mir, Ihnen, uns allen wird klargemacht, dass wir uns einst an einer rassistischen Küsserei erfreut haben. Damals, als der Kuss von Scarlett O’Hara und Rhett Butler, alias Vivien Leigh und Clark Gable, noch plakativ für den Tag des Kusses werben durfte. Ist noch gar nicht so lange her. Was waren wir nur für eine gewissenlose Bande. Nicht einmal den Ansatz eines schlechten Gewissens hatten wir bei diesem Epos aus den Südstaaten. 

Erst „Black Lives Matter“ hat uns aufgeklärt. Weil die Liebesgeschichte in Wahrheit die Sklaverei verherrliche, nahm das zur Gruppe WarnerMedia gehörende Streamingportal HBO Max den Film aus dem Programm. Vorerst. Wenn er wieder auftauchen darf, dann nur mit aufklärenden Begleittexten einschließlich kritischer Rüge für rassistische Darstellungen. Unvorstellbar: Für das Machwerk gab es mal acht Oscars und zwei Ehren-Oscars sowie insgesamt 13 Nominierungen. Das verstockte Publikum 2020 liebt den Schmachtfetzen immer noch. Als der Film „Vom Winde verweht“ aus dem Programm des Bezahlsenders geschmissen wurde, freute sich Versandhändler Amazon: Über Nacht wurde die 81 Jahre alte Klamotte zum Verkaufsschlager.

Aufgeklärte Menschen nahmen vorsorglich auch Polizei-Sendungen aus dem Programm. „Paramount Network“ setzte die Serie „Cops“ ab, die Polizisten bei ihren Einsätzen begleitete. Auch die Sendung „Live PD“ war dabei, wenn Polizisten zugriffen. Der Sender A&E Network warf sie aus seinem Programm. Trotz bester Einschaltquoten. Wen wundert es dann noch, dass sich die Polizei in Stuttgart verdächtig macht, wenn sie genauer fragt, ob die dortigen Krawallbrüder ausländische Wurzeln haben. Das sei „Stammbaumrecherche“, giftet der grüne Bundesvorsitzende Robert Harbeck, so etwas gehöre sich nicht. Darum merke: Auch wenn nach allen Seiten ermittelt wird, bedeutet das noch lange nicht, dass man nach allen Seiten genauer hinsehen darf.

Die Bosse im Rennzirkus von Mercedes haben die Zeichen der Zeit erkannt. Sie überraschten zu Beginn der Rennsaison 2020 mit der Ankündigung, bei der Formel 1 ganz in Schwarz aufzutreten. Auch die legendären Silberpfeile glänzen nun nicht mehr im Alu-Look, sondern kommen Tiefschwarz daher. Das sei, wurde der Bruch mit der Tradition begründet, ein Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung. Immerhin, unter den Piloten der Formel 1 gibt es einen schwarzen Fahrer, Lewis Hamilton. Der sechsfache Weltmeister hat sich artig für die große Geste bedankt. Schließlich gehört er selbst zum Team des Rennstalls. Die Verantwortlichen reagierten auf die „Black Lives Matter“-Bewegung. Ein neues „Vielfaltsprogramm“ ist zudem versprochen. Immerhin, die schwarze Magie scheint zu wirken. Beim ersten Rennen der Saison, dem Großen Preis von Österreich, gewann Valtteri Bottas ganz in Schwarz. Das zweite Rennen am vergangenen Sonntag entschied Hamilton für sich. Der „Black Lives Matter“-Kniefall blieb den Piloten auf dem Siegerpodest noch erspart. Aber warten wir ab, das komplette „Vielfaltsprogramm“ wird ja gerade noch entwickelt. 

So viel Sensibilität in einem Rennstall sollte uns nachdenklich machen. Klar, erste zaghafte Anfänge sind auch anderswo zu verzeichnen. Da wäre beispielsweise der Dauerbrenner „Mohrenstraße“ in Berlin. Da hat der Mohr schon lange seine Schuldigkeit getan und sollte gehen, weil „Mohr“ rassistisch und abwertend sei. Den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) dauerte der Streit zu lange. Sie wollten den U-Bahnhof „Mohrenstraße“ umbenennen. Weil ein „weltoffenes“ Unternehmen gegen Rassismus kämpfen müsse. 

Der U-Bahnhof ist Umbenennungen gewohnt. Er hieß schon „Kaiserhof“, war nach dem KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann und dem DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl benannt. Nun sollte er den Namen des Komponisten Michail Glinka tragen – der allerdings nicht nur Russe, sondern auch Antisemit gewesen sein soll (siehe Seite 5). Inzwischen kursiert der Vorschlag, die Station nach George Floyd zu benennen. 

Noch sind die Würfel nicht gefallen und der Versuch, einen Fahrschein zur Mohrenstraße zu lösen, nicht so vergeblich wie die Bestellung eines Mohrenkopfes beim Marzipanbäcker Niederegger in Lübeck. Den Mohrenkopf gibt es im Gegensatz zur Mohrenstraße nämlich nicht mehr. Nach wütenden Anfeindungen ob dieser rassistischen Namensgebung, sann das Traditionsunternehmen in Sachen Marzipan auf Abhilfe. Nun heißt der Mohrenkopf Otello, damit ist Ruhe im Karton. 

Das ist auch dem Wirt der „Capanna Nera“ zu wünschen. Dessen Hütte liegt einsam in 1800 Meter Höhe in den Dolomiten und ist bei Skifahrern beliebt. Weil aus schwarzem Holz erbaut, wurde sie auch „Negerhütte“ genannt. Den Namen führte sie auf einem Schild. Bis jetzt. Nun ist Schluss damit, das Schild weg. George Floyd sei Dank.

Was zeigen uns diese finsteren Beispiele? Wir sollten nicht nur punktuell nach dunklen Flecken suchen, es ist an der Zeit, unseren durch und durch rassistisch verseuchten Sprachgebrauch einer kritischen Kontrolle zu unterziehen. Denn steht nicht Schwarz durchweg für Negativ? Glauben Sie nicht? Machen wir mal die Probe. Alles fürchtet sich vor dem Schwarzen Mann. Das Schwarze Schaf ist nun mal kein entzückendes Lamm. Vom Schwarzbrenner gibt es keinen Edelbrand. Vor der Schwarzen Magie hüte man sich. Den Schwarzseher jagt die Gebühreneinzugszentrale. Den Schwarzfahrer jagt der Kontrolleur. 

Und alle gemeinsam verschlingt das Schwarze Loch. Benötigen Sie noch mehr Beweise, wie dringend erforderlich eine Bereinigung der Sprachbilder ist? Dagegen ist die Einführung der gendergerechten Sprache mit all ihren Sternchen und Schrägstrichen ein Klacks. Und ganz zum Schluss, wenn alles Schwarz im Sinne der bunten Vielfalt getilgt ist, kommt das Weiße Haus an die Reihe. Wieso heißt das eigentlich immer noch Weißes Haus? Für diese Bezeichnung sehe ich schwarz. Trump sollte sich mal ein Beispiel an Mercedes nehmen. Ganz in Schwarz sähe das Weiße Haus doch gleich viel seriöser aus. Aber für fortschrittliche Ideen zeigte sich sein jetziger Bewohner noch niemals aufgeschlossen.

Kommen wir abschließend noch einmal auf den Tag des Kusses zurück. Auch der Steuerzahlergedenktag in dieser Woche verstrich ziemlich sang- und klaglos. Dabei hätten wir allen Grund zur Freude gehabt. Denn seit Donnerstag der vergangenen Woche bleibt vom erarbeiteten Geld wieder etwas in der eigenen Tasche. Bis dahin haben wir ausschließlich für den Fiskus gearbeitet. Wegen Corona und Kurzarbeit durfte die steuerliche Zeitenwende sogar sechs Tage früher als sonst gefeiert werden. So etwas beschert den Schwarzsehern doch rosige Aussichten.