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24.07.20 / Bankenwesen / Commerzbank steht vor der Quadratur des Kreises / Die seit Jahren schwächelnde Bank will Personal abbauen, aber gleichzeitig das Privatkundengeschäft ausweiten – Neues Führungsduo soll es richten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30 vom 24. Juli 2020

Bankenwesen
Commerzbank steht vor der Quadratur des Kreises
Die seit Jahren schwächelnde Bank will Personal abbauen, aber gleichzeitig das Privatkundengeschäft ausweiten – Neues Führungsduo soll es richten
Wolfgang Kaufmann

Um den Finanzplatz Deutschland ist es nicht sonderlich gut bestellt. Das zeigten kürzlich erst wieder der Bilanzskandal um den bayerischen Zahlungsabwickler Wirecard sowie die Offenlegung von Schwachstellen im gemeinsamen Sicherungssystem von Sparkassen, Landesbanken und Landesbausparkassen. 

Nun kommt ein weiterer Paukenschlag hinzu: Zeitgleich verkündeten sowohl der Vorstandschef der Commerzbank AG, Martin Zielke, als auch der Aufsichtsratsvorsitzende des Geldinstitutes, Stefan Schmittmann, ihre Posten vorzeitig und schnellstmöglich räumen zu wollen. Daraufhin sprachen Finanzexperten vom „Commerzbank-Beben“.

Und tatsächlich ist der Doppelrücktritt an der Spitze der teilverstaatlichten viertgrößten Bank der Bundesrepublik alles andere als eine nebensächliche Personalie, denn die Gründe hierfür sind symptomatisch. Zielke fehlten schlichtweg die Visionen zur Modernisierung des Geldinstitutes, das im September 2018 seinen seit Jahrzehnten angestammten Platz im Deutschen Aktienindex (DAX) verloren und im Frühjahr 2019 erfolglose Fusionsgespräche mit der Deutschen Bank geführt hatte. 

Die Strategie des Vorstandschefs, die von Schmittmann in jeder Hinsicht unterstützt wurde, beschränkte sich darauf, die Schließung von 200 Filialen, also jedes fünften Standortes in der Bundesrepublik, sowie den Abbau von 2300 Vollzeitstellen bis 2023 zu betreiben. Damit wollte Zielke die Commerzbank auch aus den roten Zahlen bringen, in welche sie durch die Corona-Krise und die daraus resultierenden Kreditausfallrisiken geraten war. Letzteres hatte unter anderem zur Streichung der Dividende für das vergangene Geschäftsjahr geführt. 

US-Fondsmanager machen Druck

Darüber hinaus misslang im Mai der Verkauf der Mehrheitsbeteiligung von 69,3 Prozent an der polnischen mBank, durch den man Kapital für den Konzernumbau und die forcierte unternehmensinterne Digitalisierung im Rahmen des Projektes „Commerzbank 5.0“ gewinnen wollte. Die mBank ist die viertgrößte Universalbank Polens.

Dies alles stieß sowohl beim Bund, der 15,6 Prozent der Anteile an dem Geldinstitut hält, als auch beim New Yorker Finanzinvestor Cerberus Capital Management, dem zweitgrößten Aktionär der Commerzbank mit einer Beteiligung von fünf Prozent, auf deutliches Missfallen. Während die deutsche Regierung aber nur relativ verhalten Kritik übte und Unternehmensberater engagierte, welche die Pläne Zielkes durchleuchten sollten, kam aus den USA ein fünfseitiger Brandbrief. In diesem forderten die Fondsverwalter unter dem extrem öffentlichkeitsscheuen Milliardär Stephen Feinberg zwei Aufsichtsratsmandate für Cerberus und eine deutliche Verschärfung des Sparkurses 

– andernfalls wolle man „alternative Maßnahmen“ ergreifen.

Noch ist unklar, wer die Nachfolge Zielkes antreten wird. Im Gespräch sind derzeit vor allem der Firmenkundenchef Roland Boekhout und Bettina Orlopp, welche als Finanzvorstand fungiert. Aber ganz gleich, wie das Rennen ausgeht: Der nächste Inhaber des Chefpostens bei der Commerzbank wird den Forderungen der US-Fondsmanager nachkommen müssen, da die Bundesregierung keine Anstalten macht, diese zu zügeln. Daher sprach das „Manager Magazin“ von einer „historisch seltenen Allianz von öffentlicher Hand und Vertretern des Finanzkapitalismus“.

Schließung von 400 Filialen

Infolgedessen könnte der Kahlschlag bei der Commerzbank wohl noch deutlich stärker ausfallen, als von Zielke angestrebt: Nunmehr wird vom Abbau von insgesamt über 11.000 Stellen gemunkelt, womit dann jeder vierte Arbeitsplatz wegfiele. Dazu soll die Schließung von 400 Filialen kommen. 

Allerdings ist weiterhin fraglich, ob das die Bank tatsächlich zu stabilisieren vermag. Immerhin wollte das Geldinstitut ja nicht nur seine Geschäfte mit mittelständischen Firmen, sondern auch mit Privatkunden ausweiten und deren Zufriedenheit zur obersten Maxime der eigenen Arbeit machen. Aber Kundenfreundlichkeit und das Verschwinden von Ansprechpartnern vor Ort passen bekanntlich schlecht zusammen. Insofern muss sich das noch zu findende neue Führungsduo der Commerzbank möglicherweise auf die Quadratur des Kreises einstellen.