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24.07.20 / EU-Finanzen / Die Motive der „Sparsamen Fünf“ / Warum Österreich mit vier weiteren Staaten gute Gründe hatte, sich gegen das EU-Hilfspaket zu stellen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30 vom 24. Juli 2020

EU-Finanzen
Die Motive der „Sparsamen Fünf“
Warum Österreich mit vier weiteren Staaten gute Gründe hatte, sich gegen das EU-Hilfspaket zu stellen
Michael Link

Mit der Einigung auf das größte Haushalts- und Finanzpaket in der Geschichte der EU wurde ein historischer Kompromiss erzielt – aber auch der tiefe Riss in der Staatengemeinschaft insbesondere zwischen den „Sparsamen Fünf“ und den anderen Staaten deutlich, wie selbst der französische Präsident Emmanuel Macron einräumte. Von dem 1,8 Billionen Euro umfassenden Paket entfallen 1,074 Billionen auf den nächsten siebenjährigen Haushaltsrahmen und 750 Milliarden auf den mit Corona begründeten Fonds „Next Generation EU“. Der Stabilitätspakt als eine Maßnahme gegen übermäßige Haushaltsdefizite und Staatsverschuldungen ist zurzeit ausgesetzt. Folglich müssen Mitgliedsländer die strikten Defizitgrenzen aktuell nicht einhalten.

Zwar hatten die „Sparsamen Fünf“ – Österreich, Schweden, die Niederlande, Dänemark und Finnland – 350 Milliarden Euro als Schmerzgrenze bei den Zuschüssen genannt, doch eine Erhöhung beim Budgetrabatt für jene Länder machte den Kompromiss möglich. Bereits vor dem EU-Gipfel war ein Streit um die Hilfsgelder nach der Corona-Krise entbrannt: Während sich vor allem Österreich gegen konditionslose EU-Gelder für wirtschaftlich gebeutelte Staaten wie vor allem Italien stellte, beharrten Frankreich, Deutschland und die meisten anderen Staaten auf eben diesen Plänen.

Österreich warf dem europäischen Sorgenkind Italien öffentlich finanzpolitisches Versagen vor. Italien solle keine konditionslosen EU-Gelder erhalten, denn die Ursache für die Finanzprobleme Roms seien hausgemacht, erklärte Finanzminister Gernot Blümel von der Österreichischen Volkspartei (ÖVP). „Das Virus ist nicht schuld an der finanziellen Situation der letzten zehn Jahre“, so Blümel. „Deshalb ist es so wichtig, dass die europäischen Länder sich nicht nur dem wirtschaftlichen, sondern auch dem finanziellen Wiederaufbau Europas widmen.“

Angesichts des derzeitigen Zinsniveaus sieht Blümel keinen Grund für einen großen Geldsegen in Richtung Rom. Während der Finanzkrise hatten sich Österreich und Italien noch zu relativ ähnlichen Konditionen finanziert. Danach sind die Preise auseinandergegangen, weil die Politik in beiden Ländern unterschiedliche Schlüsse aus der Krise gezogen habe, ist Blümel überzeugt. Österreich hatte damit die Führungsrolle unter den „Sparsamen Fünf“ übernommen. Demnach forderte Wien, finanziell maroden Staaten generell keine Zuschüsse beziehungsweise nicht rückzahlpflichtige Kredite im Rahmen des Corona-Wiederaufbaus zu gewähren, sondern ausschließlich zu stundende Darlehen.

Erst vergangenen Herbst hatte die EU-Kommission Italiens Haushaltspläne für 2020 gebilligt. Allerdings lösten daraufhin die römischen Abgeordneten einen Sturm von 4500 Änderungsanträgen aus, davon allein 1500 aus der Koalition selbst. Luigi Di Maio, bis zum Vorjahr Minister für wirtschaftliche Entwicklung, legte sich zudem bei der Verabschiedung der Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus quer.

Trotz der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg infolge der Corona-Pandemie ist es für die EU-Länder noch immer leicht, sich Geld zu besorgen. So war in Österreich die Neubegebung einer 100-jährigen Bundesanleihe von 1,5 Milliarden Euro Ende Juni zwölf Mal überzeichnet, obwohl die Rendite für das 100-jährige Geld bei lediglich 0,88 Prozent liegt. Damit registriert das österreichische Finanzministerium aktuell die historisch höchste Nachfrage nach einer österreichischen Bundesanleihe.