19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
24.07.20 / Leitartikel / Die Polizei als Prügelknabe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30 vom 24. Juli 2020

Leitartikel
Die Polizei als Prügelknabe
René Nehring

Das öffentliche Entsetzen hielt sich in Grenzen. Am vergangenen Wochenende ist es in Frankfurt (Main) zum wiederholten Male in einer deutschen Großstadt zu Massenausschreitungen gegen die Polizei gekommen. Zwar berichteten die Nachrichtensendungen am Sonntag ausführlich über die Krawalle von „500 bis 800 Feiernden“ auf dem Opernplatz der Mainmetropole in der Nacht zuvor. Und anders als vor vier Wochen in Stuttgart, als es ähnliche Randale gegeben hatte, wurde diesmal klar und deutlich erwähnt, dass es sich bei den Tätern bis auf eine Frau ausschließlich um Männer im Alter von 17 bis 23 Jahren, „vorwiegend mit Migrationshintergrund“ handele. 

Doch ansonsten war kaum Empörung über das Frankfurter Geschehen zu vernehmen. Die Schilderung des örtlichen Polizeipräsidenten Bereswill, dass Polizisten „massiv“ mit Flaschen beworfen wurden und die Umstehenden dazu klatschten und johlten, blieben weitgehend unkommentiert. Einer der wenigen profilierten Innenpolitiker, die die Gewalt klar verurteilten und sich deutlich zur Polizei bekannten, war Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl. In der „Bild-Online“-Sendung „Die richtigen Fragen“ erklärte der CDU-Politiker: „Es gibt ein Gewaltpotenzial in unserer Bevölkerung und zunehmend Gewalt auch gegen Polizistinnen und Polizisten.“ 

Ebenfalls im „Bild“-Talk beklagte der frühere Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) die zunehmende Hemmungslosigkeit gegenüber den Beamten: „Fakt ist, dass in diesem Land an jedem Wochenende Polizisten verdroschen werden.“ Der Berliner AfD-Fraktionsvorsitzende Georg Pazderski erklärte, dass die Täter von Frankfurt „Gewaltverbrecher“ seien, die „Lust an Randale und Zerstörung haben“, und fragte: „Vorgestern war es Köln, gestern Stuttgart, heute Frankfurt und welche Stadt wird es morgen sein?“ Bundesinnenminister Horst Seehofer forderte eine Studie zur Gewalt gegen Polizisten, die das Bundeskriminalamt freilich als „Lagebild Gewalt gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte“ seit 2010 jährlich herausgibt.

Ansonsten? Fehlanzeige. Stattdessen wurde in den letzten Tagen in Politik und Medien ausführlich über ein rechtsextremes Netzwerk in der hessischen Polizei spekuliert. Anlass hierzu sind anonyme Drohschreiben, die seit Sommer 2018 unter dem Absender „NSU 2.0“ an linke Politiker und Journalisten verschickt wurden, sowie die Tatsache, dass es im Umfeld dieser Drohmails Datenabfragen zu einigen betroffenen Personen von hessischen Polizeirechnern gegeben hat. 

Keine Frage: Die Androhung politisch motivierter Terrorakte ist – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke vor gut einem Jahr – in keiner Weise zu bagatellisieren. Und allein der Verdacht, dass die Verfasser der anonymen Drohschreiben mit Behördendaten versorgt worden sind, ist beängstigend. Deshalb ist es auch erforderlich, den Vorgang konsequent zu untersuchen und etwaige beteiligte Beamte aus dem Polizeidienst zu entlassen. 

Doch zumindest ebenso besorgniserregend ist, wie die öffentliche Darstellung der Ereignisse rund um die Polizei eine der angesehensten Institutionen unseres Landes in ein schiefes Licht rückt. Als vor einigen Wochen in den USA der Schwarze George Floyd in Folge eines Polizeieinsatzes ums Leben kam, hatte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken nichts Besseres zu tun, als umgehend auch den deutschen Sicherheitskräften einen „latenten Rassismus“ zu unterstellen. Einen Beleg dafür lieferte sie nicht. Konsequenterweise war denn auch von Frau Esken zu den Angriffen auf die Polizei in Frankfurt nichts zu hören. 

Wer jedoch die Polizei pauschal verunglimpft und die Verfehlungen einzelner Kollegen anprangert, zugleich zu den Attacken von hunderten Chaoten auf Polizisten schweigt, schädigt nicht nur das Ansehen der Beamten – sondern vor allem seine eigene Glaubwürdigkeit.