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24.07.20 / Hans Albers / Das Leben des „blonden Hans“ / Dreharbeiten zu einem Film über Hans Albers abgeschlossen – Das Film- und Volksidol verstarb im Juli vor 60 Jahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30 vom 24. Juli 2020

Hans Albers
Das Leben des „blonden Hans“
Dreharbeiten zu einem Film über Hans Albers abgeschlossen – Das Film- und Volksidol verstarb im Juli vor 60 Jahren
Silvia Friedrich

Ein unwirtliches Hafengelände in Bremen, es stinkt nach Fisch. Dass einem hier auf dem zugigen Hafengelände, zwischen Containern und Pfützen, in denen sich die zahlreichen Technikwagen spiegeln, plötzlich ein SA-Mann in brauner Uniform entgegenkommt, ist überraschend und verwirrend zugleich. Zumindest für denjenigen, der nicht weiß, dass sich der Schauspieler Gabriel von Berlepsch in dem Kostüm verbirgt.

In einer Halle des ehemaligen Kaffee-Hag-Geländes herrscht hektische Betriebsamkeit, die nach dem Ausruf „Ruhe, wir drehen!“ sofort in absolute Stille wechselt. Alles wartet an diesem Morgen auf von Berlepschs Schauspielkollegen Ken Duken und Picco von Grote, die in der Produktion „Der blonde Hans“ den Schauspieler Hans Albers (1891–1960) und seine Lebensgefährtin Hansi Burg (1898–1975) darstellen.

Hansi Burg war die Managerin, die für Albers auf ihre gerade durchstartende Karriere verzichtete, um nur noch für ihn da zu sein. Sie wurden ein Paar, das sich ein Leben lang liebte, obwohl die nationalsozialistischen Machthaber ab 1933 von Albers verlangten, sich von seiner Lebensgefährtin, die jüdischer Herkunft war, zu trennen. Albers kaufte daraufhin eine Villa am Starnberger See und zog sich mit ihr dorthin zurück. 

Er ließ das Naschen nicht sein 

Nachdem Albers mehr und mehr in Bedrängnis kam, man ihm sogar seine Gagen vorenthielt, trennte er sich offiziell von seiner großen Liebe und bekräftigte dieses mit einem Schreiben vom 15. Oktober 1935 an Reichspropagandaminister Joseph Goebbels. Burg ging eine Scheinehe mit dem Norweger Erich Blydt ein. 

De facto lebten Albers und Burg jedoch weiter zusammen am Starnberger See. Erst in letzter Minute floh Hansi Burg 1939 über die Schweiz nach England. Von dort kehrte sie 1946 als Rundfunkreporterin für die britische Armee nach Deutschland zurück. In der gemeinsamen Villa in Bayern fand sie ihre große Liebe in den Armen einer anderen Frau vor. 

„Albers konnte das Naschen nicht sein lassen“, lächelt Produzent Michael Souvignier etwas bitter. Er ist der Gründer der Firma Zeitsprung Pictures, die zusammen mit dem NDR und dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) diese Koproduktion herstellt. 

Der Arbeitstitel „Der blonde Hans“ lässt etwas vermuten, was es jedoch auf keinen Fall sein soll, nämlich eine Filmbiografie, also die Verfilmung der Lebensgeschichte einer bedeutenden Persönlichkeit. „Es ist ein Film über Haltung in schwierigen Zeiten“, sagt NDR-Redakteur Marc Brasse. 

Ausgehend von einem Gespräch zwischen Albers und Hansi Burg, das verbürgt nach ihrer Rückkehr aus dem Exil in England 1946 stattgefunden hat, springt die Geschichte rückblickend und „sternenförmig“, wie Brasse mitteilt, in das Leben beider Künstler. Erzählt wird, wie Albers durch diese beeindruckende Frau zu dem wurde, was er dann war, der große Unterhaltungskünstler, ein unbeschreiblicher Publikumsliebling, mit dem selbst die Nationalsozialisten daher nicht ganz so verfahren konnten, wie sie es vielleicht gerne getan hätten und es auch immer wieder versuchten. 

Charlie Chaplin riet zu Hollywood

Durchsetzt von Archivmaterial bemüht sich das Dokudrama um größtmögliche Authentizität. So hat der Drehbuchautor Carsten Gutschmidt Historiker herangezogen, um das Gespräch zwischen den Protagonisten weitestgehend zu verifizieren, da es eine Bild- oder Tonaufnahme der Aussprache zwischen Burg und Albers natürlich nicht gab. „Warum hast du dich in den schweren Jahren so verhalten wie du es getan hast, warum hast du deinen Freunden nicht geholfen?“, seien die zentralen Fragen, um die es in dem Gespräch gehen wird.

Albers war ein Weltstar, sagt Brasse, sogar Charlie Chaplin kam nach Berlin und schaute sich diesen Künstler an, riet dem Deutschen mit dem eisblauen Blick, doch nach Hollywood zu wechseln. Warum dieser Mensch nicht seiner Lebensliebe in schweren Zeiten ins Ausland folgte, hat verschiedene Gründe. Ein ganz profaner war sicher, dass Albers des Englischen nicht mächtig war. Auch die Angst, in einen fremden Land von vorne beginnen zu müssen, könnte eine Rolle gespielt haben.

Albers sei ein sehr komplexer Charakter gewesen mit vielen Widersprüchen, lassen Brasse und Souvignier wissen. Und auch Albers-Darsteller Ken Duken beschreibt, dass es für ihn schwer war, Albers’ Persönlichkeit zu erfassen, da sich in der intensiven Beschäftigung mit ihm immer wieder neue Facetten zeigten. 

So stellte sich der „blonde Hans“ stets kritisch gegen die neuen Machthaber, wirkte jedoch in Propagandafilmen mit. Albers ließ sich niemals mit einer NS-Größe fotografieren und war bei Preisverleihungen, bei denen ihn die Nationalsozialisten liebend gerne ausgezeichnet hätten, immer wieder krank. Es wird sogar vermutet, dass Albers einer Verhaftung nur aufgrund seiner großen Beliebtheit beim Volk entging. Wie sollte man sein Verschwinden erklären?

Tod am Starnberger See

Für Hansi Burgs Vater kamen Fluchtpläne zu spät. Er wurde 1943 in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert und verstarb dort 1944. Albers und Burg kamen nach der Aussprache wieder zusammen, waren ein Paar bis an sein Lebensende 1960. Sie lebte in der Starnberger Villa bis zu ihrem Tode 1975 und vermachte das Anwesen mit riesigem Grundstück an den Freistaat Bayern.

„Was passiert mit Menschen, die über besondere Talente verfügen in dieser nationalsozialistischen Zeit?“, fragt Michael Souvignier. Dieses zu ergründen sei ein weiteres Anliegen des Films. Und er erinnert in dem Zusammenhang an ein weiteres von ihm produziertes Projekt über Wernher von Braun, das ähnliche Fragestellungen aufwirft.

Die insgesamt 15 Drehtage in Bremen, Bremerhaven, dem Landkreis Hildesheim, Bückeburg und an Originalschauplätzen wie der ehemaligen Albers-Villa am Starnberger See sind inzwischen abgeschlossen. Das Dokudrama soll Ende des Jahres in der ARD zu sehen sein. Dabei wäre der Todestag von Hans Albers, der sich am 24. Juli zum 60. Mal jährt, ein passendes Sendedatum gewesen. Doch dazu hat die Zeit auch wegen den Lockdown-bedingten Produktionsverzögerungen nicht gereicht.