Am 3. November 2020 wählen die US-Amerikaner zum 59. Mal ihren Präsidenten. Dieser gilt gemeinhin als „mächtigster Mann der Welt“, was angesichts der Amtsvollmachten des Herren im Weißen Haus und seiner Befehlsgewalt über die größte Streitmacht der Erde nicht übertrieben ist. Aus diesem Grunde sollte nicht nur die Öffentlichkeit zwischen Maine und Kalifornien ein Interesse daran haben zu erfahren, was mit der Wahl auf sie zukommen könnte, sondern auch die politisch interessierten Zeitgenossen in anderen Ländern. 

Als aussichtsreichste Bewerber gelten der amtierende Präsident Donald Trump von den Republikanern und der vormalige Vizepräsident Joe Biden von den Demokraten. Ersterer dürfte die wohl meistgenannte Person des öffentlichen Lebens unserer Tage sein. Seit Jahren erfahren wir täglich von ihm und über ihn, mit welchen Frauen er eine Affäre hatte, welchen Mitarbeiter er soeben gefeuert hat, gegen wen er gerade einen Handelskrieg anzettelt – oder wie wenig er die Corona-Krise unter Kon-trolle bekommt. 

Doch was ist mit seinem Gegenspieler? Was wissen wir über Joe Biden? Wie tickt der Mann, dem nach aktuellen Umfragen der Sieg im Herbst kaum noch zu nehmen ist? Laut verschiedener Medienberichte sitzt er in seinem Home-Office und korrespondiert über das Internet mit seinen Anhängern. Programmatische Aussagen darüber, was die US-Amerikaner und die Welt von einem Präsidenten Biden zu erwarten haben, waren dabei noch nicht zu vernehmen. 

Dies ist – gelinde gesagt – erstaunlich. Klar ist, dass Krisenzeiten wie die Corona-Pandemie der Moment der Regierenden sind. Sie treffen die Entscheidungen, während die Opposition zum Zusehen verurteilt ist. Dennoch ist es angesichts der enormen Aufgaben, vor denen der nächste US-Präsident steht, unvorstellbar, dass der wichtigste Herausforderer des Amtsinhabers abtaucht und darauf wartet, dass ihm das Amt quasi in den Schoß fällt. Ebenso fragwürdig ist, dass ihm die Öffentlichkeit das Schweigen einfach durchgehen lässt.