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31.07.20 / „Potsdamer Konferenz 1945 – Die Neuordnung der Welt“ / Mehr Genius Loci als Exponate / Russen und Corona haben den Machern der Ausstellung im Schloss Cecilienhof manchen Strich durch die Rechnung gemacht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31 vom 31. Juli 2020

„Potsdamer Konferenz 1945 – Die Neuordnung der Welt“
Mehr Genius Loci als Exponate
Russen und Corona haben den Machern der Ausstellung im Schloss Cecilienhof manchen Strich durch die Rechnung gemacht
Herbert Konetzky

Wer die aktuelle Ausstellung „Potsdamer Konferenz 1945 – Die Neuordnung der Welt“ im Schloss Cecilienhof in Potsdam besucht, der kann sich auf einen möglicherweise sonnigen Ausflug zu einem geschichtsträchtigen Ort freuen. Um die Ausstellungsexponate ist es hingegen weniger gut bestellt. Einige fehlten noch am Eröffnungstag, andere werden voraussichtlich nie kommen (siehe PAZ vom 19. Juni. 

Gutes Grundwissen Voraussetzung

Breit wird in der Ausstellung die Lage vor einem Dreivierteljahrhundert thematisiert – von der militärischen Situation in Mitteleuropa bis zum Kriegsschauplatz in Fernost, von der politischen Neugestaltung in Ostmittel- und Osteuropa bis zur Aufteilung Deutschlands, von den deutschen Heimatvertriebenen bis zu den Opfern der US-Atombomben. 

Als am 17. Juli 1945 die erste Sitzung der Konferenz im Schloss Cecilienhof eröffnet wurde, schaute die Welt gebannt auf die preußische Residenzstadt vor den Toren Berlins. Die Staats- und Regierungschefs der drei Hauptsiegermächte des Zweiten Weltkrieges, der USA, Großbritanniens und der Sowjetunion, trafen sich am Runden Tisch in der zentralen Halle des Schlosses, wo die „Großen Drei“, Harry S. Truman, Winston Churchill, später Clement Attlee, und Josef Stalin über die politische und territoriale Neuordnung Europas und der Welt berieten.

Die hohe Halle mit dem runden Tisch und den Fahnen der drei Siegermächte an den Wänden bilden den Höhepunkt des Ausstellungsrundgangs. An dem Tisch wurde Weltgeschichte geschrieben. Besonders beliebt bei den Besuchern sind die Nachbildungen der drei Korbstühle, auf denen sich die „Großen Drei“ mit ihren Militärs und Diplomaten im Hintergrund ablichten ließen. 

Vor der Ausstellung hatten deren Macher bereits angekündigt, dass in allen Bereichen neben der Darstellung des Konferenzablaufs die Sicht derjenigen Menschen im Fokus stehen solle, die von den Konferenzentscheidungen betroffen waren. Die sachliche Präsentation der geopolitischen Beschlüsse solle mit persönlichen Stimmen Betroffener kontrastiert werden. 

In der Tat wird beim Rundgang der Gegensatz zwischen den abstrakten Entscheidungen der Siegermächte und dem konkreten Erleben der Konsequenzen sichtbar. Bekannten historischen Persönlichkeiten wie Churchill, Stalin und Truman stehen die Schicksale vieler „Namenloser“ der Geschichte gegenüber. „Diese mehrschichtigen Perspektiven“ sollen, so das Konzept, einen detaillierten Einblick in die weitreichenden Folgen des historischen Ereignisses der Potsdamer Konferenz ermöglichen. 

Allerdings setzt dieses Konzept beim Besucher ein wahrlich solides historisches Wissen voraus. Wer sich beispielsweise im Raum zu Flucht und Vertreibung umschaut, sollte Kenntnisse der vorangegangenen Konferenzen und des polnischen Dranges nach Westen mitbringen – sonst bleiben die Exponate der Vertriebenen, die ja in durchaus bewegender Weise von traurigen Schicksalen berichten, eben Einzelfälle, ohne dass der Gesamtzusammenhang verständlich wird. 

Raum zu Flucht und Vertreibung

Erfreulich ist, dass wenigstens im Ausstellungskatalog vermerkt wurde, dass die Vertreibungen von unerwünschten ethnischen oder religiösen Gruppen „bereits lange vor dem Zweiten Weltkrieg ein verbreitetes Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele“ war. Aber ein Verweis darauf, dass bei der Vertreibung der deutschen Zivilisten auch 1,3 Millionen Menschen zu Tode kamen, fehlt leider. 

Bedauerlich ist auch, dass bei der Eröffnung, die Corona-bedingt etwa sechs Wochen nach dem ursprünglich vorgesehenen Termin erst Ende Juli stattfand, einige Exponate noch fehlten, wie beispielsweise ein Hut, ein Gehstock, eine Röhre zum Aufbewahren einer Zigarre sowie eine Zigarrenkiste, die einst Churchill gehörten. Diese werden Corona-bedingt erst später in die Ausstellung gelangen. 

Auch fehlen wichtige Gegenstände aus Russland. So wollte man beispielsweise eine der prachtvollen Uniformen von Stalin präsentieren. Ein Leihvertrag mit den russischen Stellen habe man bereits unterzeichnet gehabt, doch dann sei die russische Seite davon mit der Begründung zurückgetreten, dass keine Ausfuhrgenehmigung erteilt worden sei, so die Potsdamer Schlösserstiftung. Im russischen Falle war weniger Corona das Problem als die Unzufriedenheit der Experten in Moskau mit den geplanten Beschreibungen der Exponate. Begriffe wie „Personenkult“ und „Diktator“ ärgerten die Kollegen im Osten. 

Der Versuchung, um des Erhalts der Exponate willen, russischen Einfluss auf die Texte der Ausstellung zu akzeptieren, widerstand die Stiftung. So stammt das im ehemaligen Arbeitszimmer des sowjetischen Machthabers aufgestellte Stalin-Monumentalbild von Fjodor S. Schurpin nicht etwa aus russischen Beständen, sondern wurde in einem Potsdamer Depot herausgesucht und nun stillschweigend als Ersatz für Exponate aus Russland präsentiert. 

Allerdings muss man fairerweise darauf hinweisen, dass der von der russischen Seite kritisierten Kritik an der Sowjetunion keine vergleichbare Kritik an den Vereinigten Staaten oder dem Vereinigten Königreich gegenübersteht. Vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte zur angeblichen rassistischen Polizeigewalt in den USA hätten die Ausstellungsmacher die Bilder der US-Delegation vom Sommer 1945 mit dem Hinweis versehen können, dass sie die Repräsentanten einer zutiefst rassistischen Gesellschaftsordnung waren. Und die Bilder von Churchill hätte man mit dem Zusatz versehen können, dass er ein Repräsentant des britischen Imperialismus war, der endloses Leid über damalige Kolonialvölker gebracht hat.

Kritik aus Russland

In diesem Kontext muss auch der geplante Begleitband betrachtet werden, den es neben dem Katalog auch noch geben soll. Entgegen der Planung konnte dieses Buchprojekt bislang noch nicht verwirklicht werden. Zu den Gründen hierfür wollte man sich in Potsdam offiziell nicht äußern. Offenbar gibt es aber auch hier Differenzen mit den russischen Kollegen. 

Krönender Abschluss des Rundgangs ist für viele sicherlich ein Erinnerungsfoto in den Korbstühlen, in die man sich – es sind ja nicht die Originale – setzen darf. Insgesamt lebt die Visite aber eher von dem authentischen Ort, nicht zuletzt der Halle mit dem Verhandlungstisch.

Die Ausstellung ist bis zum 31. Dezember dienstags bis sonntags 10 bis 17.30 Uhr im Schloss Cecilienhof zu sehen. Einzelticket 14 Euro, ermäßigt 10 Euro