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07.08.20 / Wahl in Weissrussland / Drei Frauen bieten Lukaschenko die Stirn / Nach Verhaftungen: Kandidatin Swetlana Tichanowskaja ist chancenlos, zeigt aber Präsenz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32 vom 07. August 2020

Wahl in Weissrussland
Drei Frauen bieten Lukaschenko die Stirn
Nach Verhaftungen: Kandidatin Swetlana Tichanowskaja ist chancenlos, zeigt aber Präsenz
P. Entinger

Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko steht seinem wohl härtesten Wahlkampf gegenüber. Der Staatschef herrscht seit fast 26 Jahren und setzt alles daran, im Amt zu bleiben. 55 Kandidaten stellten einen Antrag auf Wahlzulassung, die meisten wurden abgelehnt. Auch der Geschäftsmann Viktor Babariko wurde von der Abstimmung ausgeschlossen. Der populäre Ex-Bankmanager sitzt im Gefängnis. Er soll hohe Geldsummen ins Ausland transferiert haben. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnet ihn als politischen Gefangenen. 

Zur Wahl zugelassen sind vier Herausforderer, darunter Swetlana Tichanowskaja. Sie ist die Ehefrau des prominenten Bloggers Sergej Tichanowskij, der ebenfalls zwischenzeitlich inhaftiert war. Hat Machthaber Lukaschenko Frauen in der Politik bislang als „nicht ernstzunehmend“ belächelt, droht ihm nun unerwarteter Gegenwind. Die Wahl soll am 9. August stattfinden. 

Tichanowskajas Zulassung ist eine Überraschung: Sie war nach der Verhaftung ihres Ehemanns in die Politik gegangen und hat eine Allianz mit Maria Kolesnikowa aus dem Bündnis des inhaftierten Babariko und Veronika Zepkalo, Ehefrau des  Unternehmers Valerij Zepkalo, dessen Zulassung ebenfalls abgelehnt wurde, geschmiedet. In dem Wahlkampf, der erst Ende Juli starten durfte, haben sie in den sozialen Medien mehrere Hunderttausend Unterstützer gewonnen. „Es ist ein Zusammenschluss, der zwar kein Programm hat, aber eine starke Botschaft: Belarus braucht Veränderung, damit faire und freie Wahlen stattfinden können“, sagte die Weißrussland-Expertin Maryna Rakhlei der Deutschen Presse-Agentur. Tichanowskaja hat gar nicht den Anspruch, dauerhaft zu regieren. Im Falle ihrer Wahl wolle sie eine neue Abstimmung mit unabhängigen Bewerbern ansetzen.  

Die Stimmungslage im Land ist angespannt. Bis zu 700 Verhaftungen soll es gegeben haben, das Innenministerium versucht zudem, das Internet zu zensieren. Lukaschenkos Stern sinkt auch, weil er die Corona-Pandemie lange verharmlost und sich despektierlich über Todesfälle geäußert hat. Staatliche Umfragen sehen den Amtsinhaber bei rund 70 Prozent, unabhängige Beobachter gehen von maximal 

25 Prozent aus. Doch dass es zu einem Machtwechsel kommen wird, ist unwahrscheinlich: „Tichanowskaja hat keine Chance, selbst wenn sie genügend Stimmen auf ihre Seite ziehen würde. Wenn die Zahlen nicht passend wären, würden sie von staatlicher Seite passend gemacht“, erklärte Christopher Forst, Repräsentant der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung für Belarus. Wichtig sei ihre Kandidatur dennoch. Die Opposition könne zeigen, dass sie keine Randerscheinung sei.