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07.08.20 / Corona in Österreich / Die Sorge hält sich in Grenzen / Die Alpenrepublik hat die Pandemie bislang recht gut bewältigt – Auch dank vielen freiwilligen Helfern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32 vom 07. August 2020

Corona in Österreich
Die Sorge hält sich in Grenzen
Die Alpenrepublik hat die Pandemie bislang recht gut bewältigt – Auch dank vielen freiwilligen Helfern
Alexander Glück

Schließen, distanzieren, kontrollieren – die Handhabung der Corona-Pandemie erfolgte in Österreich nicht erheblich anders als in den meisten anderen Ländern Europas mit Ausnahme von Schweden. Österreich reagierte nach den Infektionsfällen im Tiroler Skiort Ischgl sehr schnell und entschlossen, der Verlauf der Krankheit blieb deshalb handhabbar. Im Rückblick wissen wir, dass Deutschland mit seinem etwas ungeeinten und verspäteten Vorgehen auch nicht schlechter abschnitt. Doch wie gingen Österreichs Krankenhäuser mit Corona um? Einige Streiflichter aus unserem südlichen Nachbarland.

Österreichs Gesundheitswesen ist insgesamt gut aufgestellt. Zahlreiche Landeskliniken mit jeweils überschaubarem Einzugsbereich, das bestens ausgestattete Wiener Allgemeine Krankenhaus, mehrere Universitäts- und weitere Fachkliniken bieten eine ausreichend hohe Versorgungskapazität. 

Rein zufällig wurde vor zwei Jahren die Eintragung in ein landesweites Gesundheitsberuferegister verpflichtend, um in diesem Bereich arbeiten zu dürfen. Für die Dauer der Corona-Krise wurde diese Pflicht zwar ausgesetzt, der Hintergrund der Erfassung dürfte jedoch darin liegen, im Krisenfall auf Krankenschwestern und Mediziner zurückgreifen und sie zur Not auch zur Dienstpflicht heranziehen zu können.

Im Mahlwerk der Bürokratie

Bereits im Februar und März bildete sich in der Bevölkerung eine deutlich sichtbare Solidarisierung heraus. Ehemalige Zivildienstleistende wurden gebeten, sich zu melden. Ein Radiosender organisierte Freiwillige für leichte Hilfsarbeiten, beispielsweise in Supermärkten. Nicht wenige Menschen meldeten sich auch in den Krankenhäusern für Hilfsdienste. 

Personen mit Notfallausbildung machten dabei folgende Erfahrungen: Zuerst wurden sie gebeten, sich an einen zentralen Ansprechpartner für das Bundesland zu wenden. Dort wurde das Hilfsangebot an die Personalabteilung weitergegeben, und die machte nichts anderes, als was sie auch sonst mit Bewerbungen macht: Sie schickte sie ins Mahlwerk der Bürokratie. Und das hieß, die „Bewerber“ auf Amtswege einzustimmen, unter anderem zur Beschaffung eines Führungszeugnisses. Unter anderem hieran war frühzeitig erkennbar, dass die Kliniken in den weniger betroffenen Bundesländern wie Niederösterreich keinen Bedarf an zusätzlichen Helfern hatten. Dementsprechend wurde auch später nur selten auf Freiwillige zurückgegriffen.

Keine Maskenpflicht beim Einkauf

Wie sich auch in anderen Ländern Europas zeigte, wurden Routineuntersuchungen, geplante Operationen und dergleichen heruntergefahren, um Ansteckungsrisiken zu vermindern und um Kapazitäten freizuhalten. Mit Ausnahme einer überschaubar geringen Zahl infizierter Patienten wirkte sich die Pandemie selbst bislang nicht besonders belastend auf das Gesundheitssystem Österreichs aus. Dafür aber sehr wohl aufgrund der verordneten und auch mitgetragenen Distanzierung in Arztpraxen, medizinischen Einrichtungen und eben Krankenhäusern. 

Im Niederösterreichischen Landesklinikum Hollabrunn etwa verschwand der gesamte Ambulanz-Anmeldeschalter hinter einem Bretterverschlag. Patienten wurden nur einzeln und nach Temperaturkontrolle hereingelassen, Begleitpersonen in der Regel abgewiesen. Wo man sich sonst in volle Wartebereiche gesetzt hatte, war es nun weitgehend leer und man kam auch schneller dran als sonst. Diese Situation blieb bis Ende Juni und in den Juli hinein nahezu unverändert.

In den Kliniken gilt nach wie vor die Maskenpflicht für Mitarbeiter, Patienten und Besucher. Auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln tragen die Leute Mund-Nasenschutz, während sie zum Einkaufen – anders als in Deutschland – zunächst abgelegt werden durften. Jetzt sind wieder alle maskiert. Österreich fährt damit offensichtlich ganz gut. Für den Arbeitstag in der Krankenpflege bedeutet das allerdings, bei sommerlich heißen Temperaturen stundenlang unter einer FFP-2-Maske zu atmen. Für das Personal ist das eine Tortur. Patienten hingegen tragen ihre Masken nicht so lange und auch nicht ununterbrochen.

Beispielsweise wird man in Kliniken vor einer Röntgenaufnahme des Kopfes gebeten, die Maske abzunehmen, weil der metallische Nasenbügel sonst mit auf die Aufnahme gelangt. In einem privaten Ambulatorium in Wien trägt man zwar als Patient ab Betreten des Hauses eine Maske, doch auch hier gibt es Situationen, wo man etwas freier durchatmen kann – beispielsweise vor einer Gastroskopie (Magenspiegelung). Erfolgt sie mit Sedierung, also mit Ruhigstellung, etwa durch ein Schlafmittel, so findet man sich hinterher liegend, von einem milden Schlaf erwachend, mit seiner Maske wieder, die nur an einem Ohr hängt und locker über dem Kopf liegt.

Bereits vor wenigen Wochen rechnete man fest mit einer zweiten Welle der Pandemie, dementsprechend zögerlich wurden die Krankenhäuser wieder hochgefahren. Mitte April hieß es, sie würden sich wieder auf die Normalität vorbereiten, doch auch Ende Juli war diese noch nicht erreicht. Allerdings hängen diese Umstellungen auch stark mit der regionalen Corona-Situation zusammen. So gab es zuletzt in St. Wolfgang am Wolfgangsee ein neues Epizentrum mit über 60 Neuinfektionen.

Rückstau in Kliniken befürchtet

Allen Verantwortlichen ist jedoch gemeinsam, den entstandenen erheblichen Rückstau an nicht von Corona verursachten Krankenhausbesuchen abzubauen. Zu diesem Zeitpunkt gilt noch, die Dinge mit großer Vorsicht zu entwickeln. Die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft wirbt für ein abgestimmtes Vorgehen, sicher auch mit dem Hintergedanken, innerösterreichischen Kliniktourismus zu verhindern. In den österreichischen Bundesländern wird dann weitgehend selbstständig über das Hochfahren beraten.

Die Mehrbelastung des österreichischen Gesundheitswesens durch die Corona-Belastung wird nach der eigentlichen Krise durchschlagen, weil dann der Rückstau auf die Stationen strömt. Wichtige Untersuchungen und Therapiemaßnahmen können nicht länger verschoben werden und fehlende Betreuung wirkt sich dann als Verschlechterung der Krankheitssituation aus. 

Das wird auch noch aus einem weiteren Grund zur Großaufgabe werden: Die Wartezeiten waren im Kassensystem schon vor der Krise enorm und werden aufgrund dieses Rückstaus noch deutlich zunehmen. Wer kann, nutzt Beziehungen – ein in Österreich traditionell verankertes System, das gleichwohl weiter zur Benachteiligung derjenigen beiträgt, die auf der Warteliste bleiben. Das betrifft nicht nur Krankenhäuser, sondern auch viele Arztpraxen. Wer dort neu ist oder seltener hingeht, darf schon mal zwei Stunden und länger herumsitzen.