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14.08.20 / Jörg Meuthen drängt in den Bundestag / Trotz des Etappensiegs gegen Andreas Kalbitz ist der Weg für den Professor noch lange nicht geebnet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33 vom 14. August 2020

Jörg Meuthen drängt in den Bundestag
Trotz des Etappensiegs gegen Andreas Kalbitz ist der Weg für den Professor noch lange nicht geebnet
Peter Entinger

Nachdem das Bundesschiedsgericht die Parteimitgliedschaft des brandenburgischen AfD-Landes- und Fraktionsvorsitzenden Andreas Kalbitz annulliert hatte, musste die Fraktion darüber befinden, ob er als parteiloses Mitglied an ihrer Spitze bleiben konnte. Rein rechtlich wäre das wohl möglich gewesen. Für diesen Fall hatte Bundessprecher Jörg Meuthen Sanktionen angekündigt und seine Anhänger in der brandenburgischen Fraktion, die etwa ein Drittel ausmachen, hätten eine konkurrierende Gruppe gründen können. 

Nun verzichtet Kalbitz bis zur juristischen Klärung seines Parteiausschlusses auf den Vorsitz. Sein Freund und Förderer, AfD-Ehrenvorsitzender Alexander Gauland, zeigte sich zufrieden. Und da auch sein Gegenspieler Meuthen mit dem vorläufigen Kompromiss leben konnte, ist der größte Druck erst einmal vom Kessel. 

Doch die Stimmung bleibt angespannt, vor allem seit Gauland, bisher die unangefochtene Graue Eminenz der Partei, zuerst das Bundesschiedsgericht öffentlich schalt, um dann in einem Interview anzudeuten, dass er wohl nicht mehr für den kommenden Bundestag kandidieren würde und die Partei auseinanderzufallen drohe. Gauland habe sich damit auf die Seite der Parteirechten um Kalbitz und den Thüringer Björn Höcke gestellt, heißt es aus der Partei. 

Gegner im eigenen Landesverband

Gut ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl bringen sich die Kontrahenten in Stellung. Die Umfragewerte sind mau, sogar in den mitteldeutschen Hochburgen sinken sie. Höcke und Co. machen Meuthen und die Mehrheit des Bundesvorstands dafür verantwortlich. Sie hätten mit dem Ausschluss von Kalbitz „die Axt an die Grundfeste der Partei gelegt“. Meuthen wiederum, der von sich behauptet, dass die Mehrheit der Partei hinter ihm stehe, hält Höcke und dem mittlerweile aufgelösten „Flügel“ vor, sie hätten durch ihre „Revolutionsrhetorik“ den Verfassungsschutz alarmiert und bürgerliche Wähler im Westen verschreckt. 

Es geht nicht nur um potenzielle Wählerstimmen, es geht auch um die künftige Führung der Partei. Meuthen, das ist kein großes Geheimnis, fühlt sich im Straßburger Europaparlament unterfordert. Ihn drängt es in die Bundespolitik, möglicherweise als Nachfolger von Gauland an die Fraktionsspitze. Seinen Co-Sprecher Tino Chrupalla, derzeit stellvertretender Fraktionsvorsitzender, im Osten der Republik beliebt, im Westen belächelt, sieht er nicht als große Konkurrenz an. Auch das Amt des Bundestagsvizepräsidenten könnte Meuthen reizen. 

Meuthens Problem ist, dass in seinem heimischen Landesverband Baden-Württemberg hartnäckige Widersacher sitzen, die alles daransetzen werden, dass Landeschefin Alice Weidel, die gemeinsam mit Gauland der Bundestagsfraktion vorsteht, erneut als Spitzenkandidatin ins Rennen gehen wird. Ursprünglich zählten Meuthen und Weidel beide zum wirtschaftsliberalen Flügel, persönlich sind sich beide aber seit Jahren spinnefeind. Meuthen, so heißt es aus der Partei, präferiere eine Doppelspitze an der Fraktion mit der Berlinerin Beatrix von Storch.

Schafft Meuthen es in Baden-Württemberg nicht auf den ersten Listenplatz, müsste er auf einer anderen Landesliste kandidieren. Doch die Spitzenpositionen sind heiß begehrt. Die bayerische Landeschefin Corinna Miazga, ursprünglich eher dem rechten Flügel zuzuordnen, und NRW-Chef Rüdiger Lucassen unterstützen ihn zwar in seinem Kampf gegen Kalbitz, haben aber wohl eigene Ambitionen, was die Führung der Fraktion angeht. Meuthen will bis Jahresende „klar Schiff“ machen und die Mehrheitsverhältnisse klären. Danach werde er entscheiden, ob er für den Bundestag kandidieren wird. „Derzeit streitet sich die eine Hälfte der Partei bis aufs Messer und die andere Hälfte wartet ab, welches Viertel sich durchsetzt und wird sich diesem anschließen“, sagte ein Bundestagsabgeordneter zur PAZ.