19.04.2024

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14.08.20 / Ernst Lemmer / Streiter für gesamtdeutsche Fragen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33 vom 14. August 2020

Ernst Lemmer
Streiter für gesamtdeutsche Fragen
Erik Lommatzsch

Mit einem Staatsakt wurde der CDU-Politiker Ernst Lemmer geehrt, nachdem er vor 50 Jahren, am 18. August 1970, in seinem 73. Lebensjahr in West-Berlin gestorben war. Er war der letzte Abgeordnete des Deutschen Bundestages, der schon dem Parlament der Weimarer Republik angehört hatte.

Der gebürtige Remscheider war 1922 Generalsekretär der Hirsch-Dunckerschen Gewerkschaften geworden. 1924 zog er für die linksliberale Deutsche Demokratische Partei (DDP) in den Reichstag ein. In der NS-Zeit wirkte Lemmer, der auch schon zuvor journalistisch tätig gewesen war, als Korrespondent für die „Neue Zürcher Zeitung“ und den „Pester Lloyd“ in Berlin.

Aufgrund seiner bekanntermaßen den Nationalsozialismus ablehnenden Gesinnung bestimmten ihn die Sowjets im April 1945 zum Bürgermeister seines damaligen Wohnorts Kleinmachnow. In seinen Erinnerungen „Manches war doch anders“ schildert Lemmer den Vorgang. Danach suchte ihn ein Offizier der Roten Armee auf, vergewisserte sich über seine Identität und verkündete den Beschluss. Als Lemmer aufgrund der ihm fehlenden Verwaltungserfahrung Einwände erhob, habe ihm der Offizier beschieden: „Du Bürgermeister – oder … tott!“ Das Amt übte er dann bis zum Folgejahr aus.

Nach Kriegsende gehörte Lemmer zu den Mitbegründern der CDU in Berlin. Ab Dezember war er, unter Jakob Kaiser, Zweiter Vorsitzender der Partei in der sowjetischen Besatzungszone. Beide wurden Ende 1947 abgesetzt und siedelten nach West-Berlin über. Sie behielten ihre Positionen in der später formierten „Exil-CDU“ bei und waren 1954 maßgebliche Initiatoren des „Kuratoriums Unteilbares Deutschland“.

Kaiser musste sich 1957 krankheitsbedingt als Minister für gesamtdeutsche Fragen zurückziehen, Lemmer folgte ihm nach. Wie sein Vorgänger, so betrachtete auch er Konrad Adenauers Prioritäten bezüglich einer Wiedervereinigung mit großer Skepsis. Der Kanzler setzte vor allem auf die Westbindung seines Teilstaates. Gegenüber Bundespräsident Theodor Heuss beklagte Lemmer einmal, „dass die gesamtdeutsche Politik doch wenig Spielraum habe“. 

Das Ressort leitete er bis 1962. Zuvor war er Postminister gewesen, 1964/65 fungierte er als Vertriebenenminister. Er saß nicht nur im Bundestag, sondern auch im Berliner Abgeordnetenhaus. Dafür, dass die Politik nicht Lemmers ganzes Leben dominierte, steht der Titel eines von ihm 1969 veröffentlichten Buches: „Skat-Taktik“.