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21.08.20 / Befreiungsschlag mit neuem General / Warum Parteichef Christian Lindner Linda Teuteberg durch Volker Wissing ersetzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34 vom 21. August 2020

Befreiungsschlag mit neuem General
Warum Parteichef Christian Lindner Linda Teuteberg durch Volker Wissing ersetzt
Peter Entinger

Die FDP kommt aus ihrem Umfragetief nicht heraus. Parteichef Christian Lindner hat eine Schuldige ausgemacht: Generalsekretärin Linda Teuteberg. 

Als die SPD in der vergangenen Woche Finanzminister Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten ausrief, da gratulierte die FDP-Generalsekretärin via Twitter ganz artig. Sie freue sich auf „einen fairen Wettbewerb“ mit dem „lieben Olaf Scholz“, schrieb Teuteberg. In ihrer Partei hielt sich die Begeisterung ob so viel Höflichkeit in engen Grenzen. „Zu nett, zu wenig aggressiv, zu wenig Attacke“, hieß es. 

Wenige Tage später war sie ihren Posten los. Zuvor hatte Lindner ihre Demontage öffentlich zelebriert. Ein Treffen mit den Vertretern der sechs größten Landesverbände in Berlin landete prompt in der „Bild“-Zeitung. Als Lindner dann am vergangenen Montag vor die Hauptstadtpresse trat, war Teuteberg schon nicht mehr dabei. Ihr Nachfolger soll im September der stellvertretende Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Volker Wis-sing, werden. Teuteberg bleibe ein „wichtiger Bestandteil eines starken Teams“, sagte Lindner. Es war quasi ein Abschiedsgeschenk.

Dabei galt die Brandenburgerin vor ihrer Wahl als Allzweckwaffe. Jung, weiblich, dazu noch aus dem Osten der Republik und als Innenpolitikerin durchaus profiliert. Zudem war sie als Bundestagsabgeordnete in Berlin präsent, ideal also, um dem Parteivorsitzenden Christian Lindner den Rücken freizuhalten. Der schlug sie vor gut einem Jahr als Generalsekretärin vor und verschaffte ihr mit 93 Prozent Zustimmung ein hervorragendes Ergebnis. 

Kritik an Lindners Vorgehen

Doch Politik ist ein schnelllebiges Geschäft. Erst kam Thüringen, dann kam Corona. „Ein Generalsekretär muss dem Vorsitzenden den Rücken freihalten und sich nicht hinter seinem Rücken verstecken“, hieß es aus der Partei. Geschickt wurden Gerüchte an Medien durchgesteckt. Teuteberg, die zuvor angekündigt hatte, um ihr Amt kämpfen zu wollen, resignierte schließlich. Sie wolle der Erneuerung der Partei nicht im Wege stehen, erklärte sie knapp. Lindners Erklärungen müssen ihr wie eine Ohrfeige vorgekommen sein. Er brauche in der jetzigen Zeit mehr Unterstützung, teilte er mit. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Teuteberg dies eben nicht getan habe. 

Nicht bei allen in der Partei kommt dies gut an. Die Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, Ria Schröder, übte in einem Interview deutliche Kritik an Lindner. Die Zeit der „One-Man-Show“ müsse vorbei sein. „Wir sind nicht mehr in der Opposition, sondern verfügen über eine Bundestagstraktion mit 80 Abgeordneten.“ Innerhalb der Bundestagsfraktion ist Teuteberg beliebt, unverhohlen wird sie als Bauernopfer für miese Umfragewerte bezeichnet. Der Rheinland-Pfälzer Volker Wissing gilt zwar als gut vernetzt, hat aber keine Hausmacht in Berlin. 

Neben Wissing als neuem Generalsekretär präsentierte Lindner den Unternehmer Harald Christ als neuen Schatzmeister für den amtsmüden Hermann Otto Solms. Der 48-Jährige war erst im März aus der SPD ausgetreten. Seine Blitzkarriere könnte für neuen Ärger sorgen. 

Spannend wird es aber erst im kommenden Frühjahr werden. Dann stehen nämlich reguläre Neuwahlen an. Und es gibt nicht wenige in der Partei, die Lindner bei der Wiederwahl ein schwaches Ergebnis prophezeien. Zwar beeilt sich Parteisenior Wolfgang Kubicki zu versichern, dass es „zu Lindner keine Alternative“ gebe. Doch die Stimmung in der Partei ist schlecht. Noch immer werfen viele ihrem Chef vor, dass er 2017 nach einem starken Wahlergebnis die Jamaika-Verhandlungen platzen ließ.  In der Causa Kemmerich machte er eine unglückliche Figur. Zuerst gratulierte er seinem Parteifreund und dann ging er auf Distanz zu ihm und ließ ihn im Regen stehen. Noch mehr Zickzack war kaum möglich. Dass der thüringische Haudegen im Frühjahr abermals als Spitzenkandidat im Freistaat antreten will, gilt als Affront gegen Lindner. Ob der neue General dieses Problem lösen kann? Schafft er es nicht, dann hat Lindner ein echtes.