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21.08.20 / Zwischenruf / Saskias Welt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34 vom 21. August 2020

Zwischenruf
Saskias Welt
Erik Lommatzsch

Letzten Sonntag ließ die SPD-Co-Bundesvorsitzende Saskia Esken ihre Twitter-Gemeinde wissen: „Guten Morgen! Tee ist fertig … “ Darauf folgte eine Sonderzeichen- und Buchstabenspielerei, die mit etwas Mühe als Zug gedeutet werden konnte. Danach wurde es wieder deutlicher: „Habt ne feine Zeit! (nach Diktat verreist)“.

Wie ist die Botschaft der Nachfolgerin von August Bebel, Kurt Schumacher und Willy Brandt zu deuten? Handelt es sich um den Zug, der für die SPD abgefahren ist? Fährt Esken da mit? Steuert sie als Führungskraft gar die Lok? Besonders spannend: Kehrt sie zurück? Die traurige Botschaft an diejenigen, die das Wirken der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands als Interessenvertretung eines erheblichen Teils der Bevölkerung nach wie vor für wichtig halten, lautet: Es steht zu befürchten. 

Bescheidene politische Laufbahn

Saskia Esken wurde am Nikolaustag 2019 mit Norbert Walter-Borjans an die Spitze der SPD gewählt. Sie ist der medial wesentlich präsentere Teil des Führungsduos. Der politisch interessierte Beobachter versteht bis heute nicht, was die Sozialdemokraten zur Entscheidung für Frau Esken bewegt haben mag. 

Bis zum Co-Chef-Sessel der deutschen Traditionspartei verlief die politische Karriere der ausgebildeten Informatikerin eher im sehr bescheidenen Rahmen. Vorsitz von Ortsverein und Kreisverband, 2013 und 2015 wählte man sie zur Beisitzerin im Vorstand der baden-württembergischen SPD. Bei der Abstimmung 2016 wurde entschieden, dass dieses Gremium ganz gut ohne sie zurechtkommt, 2018 ebenfalls. Seit 2013 verfügt Frau Esken über ein Bundestagsmandat. Ausschau haltend nach weiteren Anhaltspunkten, die Erfahrungen belegen, die sie für ihr derzeitiges Leitungsamt empfohlen haben könnten, stößt man auf … nichts. Es sei denn, man führt ernsthaft den stellvertretenden Vorsitz des Landeselternbeirats Baden-Württemberg in den Jahren von 2012 bis 2014 ins Feld.

Eines jedenfalls kann man Frau Esken nicht vorwerfen – dass sie die Öffentlichkeit über ihr Denken im Unklaren lassen würde. Durch ihre Wortmeldungen lässt sie einerseits ein links-provinzielles, nicht zwingend an Realitäten orientiertes Politikverständnis erkennen, das wohl selbst dem einen oder anderen Juso peinlich ist. Andererseits steht sie für linke Forderungen hart an der Grenze zur Radikalität. 

Frau Esken twittert schon mal, mit ihrem Alter kokettierend: „58 und Antifa. Selbstverständlich.“ Wiederholt positionierte sie sich mit Aussagen wie: „Es gibt in den Reihen der Polizei latenten Rassismus, gegen den mit Maßnahmen der inneren Führung vorgegangen werden muss.“ Die Polizei hat sie besonders im Auge. Bereits kurz nach Übernahme des Parteivorsitzes übte sie Kritik an deren Vorgehen gegen linksradikale Gewalttäter in der Silvesternacht in Leipzig. Das noch für die laufende Legislatur vorgesehene Bundespolizeigesetz, das eine Ausweitung von Befugnissen vorsieht, dürfte maßgeblich an ihrem Widerstand scheitern. Einer Berliner „Anti-Rassismus“-Demonstration, mit Angriffen auf die Polizei, spendete sie Twitter-Beifall. Dass hier die von ihr sonst für so wichtig gehaltenen „Corona-Schutzmaßnahmen“ nicht beachtet wurden, hatte sie offenbar übersehen. Ganz anders bei einer Demonstration gegen diese Maßnahmen einige Wochen später. Hier kritisierte Frau Esken auf dem ihr eigenen Niveau die „Covidioten“. 

Zu Ausschreitungen bei „Partys“ in Stuttgart und Frankfurt meinte sie, es habe „in der deutschen Geschichte immer wieder Jugendkrawalle gegeben“. Der hohe Migrantenanteil bei den Randalierern entspreche „dem Anteil der jungen Bevölkerung in unseren Städten“. Das seien aber „Stuttgarter und Frankfurterinnen, deren Familien zum Teil schon in dritter Generation hier leben“. Daher sollten wir „nicht ihren Frust noch vergrößern, indem wir sie als Problemgruppe definieren nur wegen der Herkunft ihrer Familie“. Zur Behebung der Schäden bringt Frau Esken auch schon mal eine „Vermögensabgabe“ ins Spiel. 

Juniorpartner der Grünen?

Angestrebt wird im Bund eine Linkskoalition, in die sich die SPD, geht es nach Frau Esken, auch als kleinerer Partner fügen würde. Viel Spielraum geben die derzeitigen Umfragewerte, zu denen das Agieren der Co-Vorsitzenden erheblich beitragen dürfte, ohnehin nicht her. Die Überlegung, ob es sinnvoll war, Olaf Scholz ungewöhnlich früh als „Kanzlerkandidaten“ zu präsentieren, dürfte vor diesem Hintergrund höchstens von akademischem Interesse sein.