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28.08.20 / Explosion in Beirut / Möglicherweise nicht nur Fahrlässigkeit / Welche Verdachtsmomente für einen Anschlag der Hisbollah sprechen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35 vom 28. August 2020

Explosion in Beirut
Möglicherweise nicht nur Fahrlässigkeit
Welche Verdachtsmomente für einen Anschlag der Hisbollah sprechen
Wolfgang Kaufmann


Ammoniumnitrat (NH4NO3) ist eine hochexplosive Industriechemikalie, die gemeinhin zur Herstellung von sowohl Düngemitteln als auch Sprengstoffen verwendet wird. Am 4. August explodierten im Lagerhaus Nummer 12 des Beiruter Hafens 2750 Tonnen davon. Dabei starben mehr als 220 Menschen, um die 6000 wurden verletzt. Bis zu 300.000 Beiruter wurden obdachlos. Der materielle Schaden wird auf rund 4,25 Milliarden Euro geschätzt.

Das Ammoniumnitrat befand sich ursprünglich an Bord des moldauischen Küstenmotorschiffs „Rhosus“ und sollte an die Fábrica de Explosivos im mosambikanischen Matola gehen. Da die libanesischen Behörden den maroden Frachter aber wegen „grober Verstöße beim Betrieb eines Schiffes“ und unbezahlter Gebühren am 4. Februar 2014 in Beirut festsetzten, wurde dessen Ladung zwischen September 2014 und Oktober 2015 an Land gebracht.

Danach kümmerte sich offenbar niemand mehr um die Riesenmenge der brisanten Substanz, obwohl die Zollverwaltung mehrmals vor den Gefahren einer ungesicherten Lagerung warnte.
Möglicherweise verblieb die Chemikalie nicht nur aus Fahrlässigkeit im Hafen von Beirut. Wie die israelische Zeitung „Jerusalem Post“ unter Berufung auf libanesische Zollbeamte schrieb, steht das Hafenviertel mit dem Lagerhaus 12 unter der Kontrolle der radikal-schiitischen Partei und Miliz Hisbollah, und die hat ein massives Interesse daran, das fragile Machtgleichgewicht im Libanon zu zerstören, um das Land unter ihre Kontrolle zu bringen.

Die am 10. August unter dem Eindruck der Explosionskatastrophe zurückgetretene Regierung von Premierminister Hassan Diab vereinte Sunniten, Schiiten, griechisch-orthodoxe Christen, Maroniten, Drusen und Armenier. Diese Vielfalt machte es der Hisbollah bisher schwer, auch außerhalb ihrer Hochburgen im Süden des Landes und in der Bekaa-Ebene Einfluss zu erlangen.

Hisbollah benutzt häufig NH4NO3

Bislang stellte die Hisbollah mit 13 Parlamentariern etwa ein Zehntel der Angehörigen der libanesischen Abgeordnetenkammer, doch nun werden vorgezogene Neuwahlen nötig. Bei denen glaubt die Hisbollah angesichts der Krise im Lande bessere Chancen als je zuvor zu haben. Sollten Chaos und Anarchie ausbrechen, wäre sie am ehesten in der Lage, davon zu profitieren, da ihre Mitglieder meistenteils bewaffnet sind.

Dass die Hisbollah in der Vergangenheit mit dem Gedanken liebäugelte, Anschläge mit großen Mengen von Ammoniumnitrat zu begehen, legt eine Äußerung ihres Generalsekretärs Hassan Nasrallah vom Februar 2016 nahe. Der Schiitenführer sagte damals mit Blick auf die 15.000 Tonnen Ammoniumnitrat unklarer Herkunft, die von israelischen Sicherheitskräften im Hafen von Haifa sichergestellt worden waren: „Der Libanon hat eine Atombombe. Das ist keine Übertreibung.“ Und tatsächlich bezifferten Experten der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe die Sprengkraft der vergleichsweise noch geringen Ammoniumnitratmenge von Beirut auf bis zu 1100 Tonnen TNT, was in der Größenordnung einer taktischen Kernwaffe liegt.
Weitere Verdachtsmomente im Hinblick auf eine Verantwortung der schiitischen Terrormiliz ergeben sich daraus, dass die Hisbollah auch schon in Europa Ammoniumnitrat für Anschlagszwecke hortete. So konnte die britische Polizei bei Razzien im Jahre 2015 drei Tonnen der Chemikalie beschlagnahmen. Und 2016 wurden auch die Sicherheitsorgane der Bundesrepublik in süddeutschen Lagerhäusern fündig, nachdem sie einen Hinweis vom israelischen Geheimdienst Mossad erhalten hatten. Insofern darf an der offiziellen Version gezweifelt werden, dass die Explosion in Beirut auf Schweißarbeiten zurückgehe.