05.05.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
28.08.20 / Griechisch-türkischer Gas-Konflikt / Warum Erdogan mit dem Säbel rasselt / Das Schwellenland befindet sich in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35 vom 28. August 2020

Griechisch-türkischer Gas-Konflikt
Warum Erdogan mit dem Säbel rasselt
Das Schwellenland befindet sich in einer schweren Wirtschafts- und Finanzkrise
Wolfgang Kaufmann

Der Kurs der türkischen Lira fällt und fällt. Derzeit bekommt man für eine Lira gerade noch 11,4 Euro-Cent. Das ist ein Absturz um rund 40 Prozent gegenüber dem Kurs zum Ende des vorigen Jahres. Hierfür gibt es vor allem zwei Gründe. Zum einen stieg die Inflation mittlerweile auf zwölf Prozent, während der Leitzins parallel dazu auf 8,25 Prozent gesenkt wurde. Zum anderen muss die Türkei noch dieses Jahr Schulden in Höhe von 170 Milliarden US-Dollar zurückzahlen, was ihr nicht gelingen wird, da der Export durch die Corona-Krise um 40 Prozent eingebrochen ist und die Tourismusbranche ebenfalls erhebliche Einnahmeverluste verzeichnet. Die Schuld an dieser Misere suchen die regierungsnahen türkischen Zeitungen nun bei „dunklen Mächten“ im Ausland. Dabei sitzt der Hauptverantwortliche im protzigen Präsidentenpalast von Ankara.

Corona verschärft die Krise

Der selbsternannte „Zinsfeind“ Recep Tayyip Erdogan lehnt höhere Zinsen kategorisch ab, da er für seine diversen Prestigeprojekte Unmengen von billigem Geld benötigt. Also versuchte die ihm hörige Zentralbank den Lira-Kurs durch massive eigene Ankäufe zu stabilisieren. Dafür wurden 65 Milliarden US-Dollar aus den landeseigenen Devisenreserven verpulvert – ohne sichtbaren Erfolg. Deshalb droht nun ein komplettes wirtschaftliches Fiasko und damit letztlich möglicherweise auch der Sturz Erdogans. Der war 2003 nur deshalb an die Macht gekommen, weil die Vorgängerregierung in ökonomischer Hinsicht versagt hatte.

Erdogans Optionen sind begrenzt

Um die Katastrophe abzuwenden, bleiben ihm – abgesehen von Leitzinserhöhungen – nur noch drei einigermaßen rationale Optionen: ein Bittgang beim Internationalen Währungsfonds, für den er aber zu stolz ist; die Einführung von Devisenkontrollen, die den Volkszorn im Lande ins Uferlose wachsen lassen würde; die Ausgabe neuer Staatsanleihen. Für diese müsste die Türkei allerdings extrem hohe Zinsen garantieren, um sie auf dem Kapitalmarkt platzieren zu können.

Um das zu vermeiden, sucht der „Sultan vom Bosporus“ sein Heil nun offensichtlich in einer völlig anderen Strategie, die in der Geschichte tatsächlich ab und an erfolgreich war, meist aber nur das Schicksal von Autokraten besiegelte: Wenn die ökonomischen und innenpolitischen Probleme zu sehr drücken, wird ein Konflikt mit ausländischen Mächten vom Zaun gebrochen, um das Volk hinter der Führung zu versammeln und vielleicht auch noch wirtschaftliche Vorteile zu erlangen. Denn das ist ganz offensichtlich der tiefere Grund für das aktuelle Säbelrasseln gegenüber dem Erzfeind Griechenland in der Ägäis, deren Bodenschätze sich Ankara unbedingt einverleiben möchte.