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28.08.20 / MEDIEN II / Ein Politik-Veteran klagt an / Neues Buch: FDP-Urgestein und PAZ-Autor Ingo von Münch hält „Haltungsjournalisten“ den Spiegel vor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35 vom 28. August 2020

MEDIEN II
Ein Politik-Veteran klagt an
Neues Buch: FDP-Urgestein und PAZ-Autor Ingo von Münch hält „Haltungsjournalisten“ den Spiegel vor
Eberhard Straub

Journalisten stehen meist in dem diffusen Ansehen, aus Betroffenheit, Empörung, Gefälligkeit oder aus Enthüllungseifer, Sensationslust oder zur Verstärkung des Mainstreams Meinungen zu verbreiten, die mehr belehren als unterrichten. Sie selber sprechen gerne von der Qualitätspresse, vom Investigationsjournalismus oder vom seriösen Journalismus. Politiker, die auf sie angewiesen sind, schätzen und fördern die systemrelevanten Medien.

All diese und viele andere Schlagworte und Redensarten verdeutlichen eine Spannung zwischen dem Publikum und den Medien, die Ingo von Münch auf eine „Krise der Medien“ zurückführt. Der Leser und Mitarbeiter auch der PAZ beschreibt sie vor allem mit Beispielen aus der „FAZ“ und der „Neuen Zürcher Zeitung“. Es bekümmert den Juristen, liberalen Politiker und leidenschaftlichen Freund des freien Wortes, dass sich auch in diesen Zeitungen immer häufiger Journalisten als Erzieher und Weltbildfabrikanten verstehen, die nicht über die Wirklichkeit schreiben, sondern über die gewünschte Wirklichkeit.

Ungehemmt gegen Bürger

Sie entfernen sich als engagierte Journalisten oder „Haltungsjournalisten“ immer weiter von dem einst verbindlichen Rat, sich nicht gemein zu machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten. Moralisch hochgerüstete Beschreiber von Versammlungen der Pegida oder der AfD und sogenannter Rechtsradikaler in „Dunkeldeutschland“ sehen vorzugsweise „tobende Horden“, die „Parolen brüllen“, „Drohrotten“, die „unartikuliert wie das Blöken Betrunkener“ ihre Zustimmung bekunden, einen entfesselten  „Mob“ oder das „Pack“. Der Meinungsjournalismus geht ungehemmt in den Wut- und Hassjournalismus über, den die „Qualitätsjournalisten“ bei anderen fürchten und anprangern.

Hetzer, Hetze und Hetzjagden sind mittlerweile in allen möglichen Zusammenhängen gebräuchlich geworden. Der Verzicht auf Nuancen verführt zu einer schrillen Dramatisierung. Ohne große Bedenken wird rechts mit „nazistisch“ oder „faschistisch“ gleichgesetzt. Die korrekte Bezeichnung nationalsozialistisch kommt kaum noch vor. Der Unterschied von Faschismus und Nationalsozialismus wird gar nicht mehr bedacht. Wie von Münch überhaupt den Mangel an Geschichtskenntnissen beklagt, der sich auch in Ortsangaben wie Kaliningrad als Geburtsstadt Kants bemerkbar macht. Ihn verstimmt vor allem die betuliche Absicht, den Leser fest an die herrschenden Meinungen zu binden.

Die Folge sind geistige Enge und Ängstlichkeit, die nicht nur Langweile erzeugen, sondern die geistige Beweglichkeit geradezu lähmen. Auf die Art wird die Pressefreiheit von der Presse selber eingeschränkt. Die Journalisten sollten sich nicht anmaßen, eine vierte Gewalt im Staate zu sein oder für sich ein besonderes Wächteramt als Verfassungsschützer beanspruchen.
Für die Demokratie wäre es bei Weitem bekömmlicher, sie bemühten sich wieder darum, temperamentvoll und umsichtig zu unterrichten, damit sich der Leser in der unübersichtlichen Wirklichkeit zurechtfinden könne. An diese Empfehlung hält sich von Münch, der unaufgeregt erläutert, warum er und viele andere an der „FAZ“ nur noch eine sehr gemischte Freude haben.

Ingo von Münch: „Die Krise der Medien“, Duncker & Humblot, Berlin 2020, 140 Seiten, 19,90 Euro