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28.08.20 / DDR / Ein Füllhorn an Überraschungen / Ein österreichischer Journalist deckt die Verstrickungen bundesdeutscher Parteien mit der SED-Führung zur Wendezeit auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35 vom 28. August 2020

DDR
Ein Füllhorn an Überraschungen
Ein österreichischer Journalist deckt die Verstrickungen bundesdeutscher Parteien mit der SED-Führung zur Wendezeit auf
F.-W. Schlomann

Zum Thema „Deutsche Wiedervereinigung“ gibt es viele Bücher von DDR-Bewohnern und Westdeutschen. Doch wie sah diese Zeit ein Neutraler? Ewald König, Korrespondent der größten Zeitung Österreichs, war in Bonn und in Ost-Berlin akkreditiert. Seine Verbindungen bis in die Diplomatenwelt sind durch etliche Fotos in seinem Buch „Die DDR und der Rest der Welt“ dokumentiert.

Es ist geradezu ein Füllhorn an Überraschungen: Wer weiß denn, dass am Tag des Mauerfalls die Sowjetbotschaft in Ost-Berlin geschlossen war: „Keiner arbeitete, es gab nicht einmal eine Notbesetzung.“ Hauptaufgabe des Oberkommandierenden der Sowjettruppen war die Disziplinierung, über 600 Soldaten desertierten. Bei ihrem Abzug durch Polen forderte Warschau eine Transitgebühr in Höhe von über einer Milliarde US-Dollar.

Von Österreich und Schweden erhoffte sich Ost-Berlin diplomatische Beziehungen und bevorzugte sie mit Großaufträgen. Ihre Handwerker bauten in der DDR Stahlwerke, Interhotels und deren Internationales Handelszentrum. Neben ihrem heimatlichen Lohn erhielten sie eine „Auslandszulage" von 1000 D-Mark, bei einem Umtausch in DDR-Mark hatten sie allmonatlich 12.000 Ostmark. Für sie war die DDR ein wahres „Arbeiterparadies“. Der DDR-Arbeiter auf derselben Baustelle bekam einen Monatslohn von 400 bis 600 DDR-Mark.
Im gleichen Zusammenhang erfährt der Leser von einem „Informationsfluss via Österreich, den auch die westdeutsche Regierung in Bonn zu schätzen wusste“ und: „Besonders aufschlussreich war die österreichische Unterrichtung über Ungarn.“ Diskret deutet der Autor an, dass „mehrere hundert Personen" durch Vermittlung Wiens aus der DDR über Österreich in den Westen gelangten.

Im Prozess gegen Honecker wurde „teilweise auf niedrigem Niveau“ viel über seine Krankheiten geredet, kaum jedoch über die Vorwürfe gegen ihn. Laut Bundesverfassungsgericht widerspreche es der Menschenwürde, einen von Todesnähe gekennzeichneten Angeklagten weiter zu inhaftieren. Offen spricht der Autor aus: „Die deutsche Politik hatte kein wirkliches Interesse an dem Prozess. Den westdeutschen Parteien wären Peinlichkeiten nicht erspart geblieben, weil sie den SED-Führer hofiert, mit protokolla-rischen Ehren empfangen und teilweise unterstützt hatten, teils aber auch von ihm unterstürzt worden waren.


Ewald König, „Die DDR und der Rest der Welt“, Mitteldeutscher Verlag, Halle 2019, broschiert, 424 Seiten, 20 Euro