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04.09.20 / Amokfahrt / Ein System der Verantwortungslosigkeit / Eines seiner Opfer ringt mit dem Tod: Warum ein abgelehnter Asylbewerber noch in Deutschland lebt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36 vom 04. September 2020

Amokfahrt
Ein System der Verantwortungslosigkeit
Eines seiner Opfer ringt mit dem Tod: Warum ein abgelehnter Asylbewerber noch in Deutschland lebt
Norman Hanert

Am 18. August hat ein Iraker auf der Berliner Stadtautobahn Autos gerammt und gezielt Jagd auf Motorradfahrer gemacht. Zu den schwer verletzten Opfern gehört ein Feuerwehrmann, der nach einer Zwölf-Stunden-Schicht auf seinem Motorroller auf der A 100 auf dem Weg zu seiner Familie war. Der Berliner liegt mit Verletzungen an Kopf und Wirbelsäule auf der Intensivstation. Ärzte versuchen, sein Leben zu retten. Sollte er überleben, dann nur mit schweren Folgeschäden, so die Befürchtung der Mediziner. Der mutmaßliche Täter, bei dem es sich um einen 30-jährigen Iraker namens Sarmad A. handeln soll, hat bei seiner Amokfahrt auf der Berliner Stadtautobahn insgesamt sechs Personen verletzt, drei von ihnen schwer.

Martin Steltner, der Sprecher der Berliner Generalstaatsanwaltschaft, sprach von gezielten Angriffen und einer „quasi Jagd auf Motorradfahrer“. Die Anklagebehörde wirft dem abgelehnten Asylbewerber in mindestens drei Fällen versuchten Mord vor.

Innensenator Andreas Geisel zeigte sich nach dem Geschehen „bestürzt, dass Unbeteiligte aus dem Nichts heraus Opfer einer Straftat geworden sind“. Er sagte aber auch, der Anschlag sei „nicht zu verhindern gewesen“. „Wenn ein Auto gezielt auf Motorradfahrer auffährt, haben diese keine Chance“, so der SPD-Politiker. Ausdrücklich in Schutz nahm der Senator die Behörden. Sie hätten rechtsstaatlich gehandelt. Der Tatverdächtige lebt nach Angaben von Geisel seit der Ablehnung seines Asylantrags mit einer sogenannten Duldung weiter in Deutschland.

Ohne Papiere eingereist

Zwar soll er vor längerer Zeit Kontakte zu einem polizeibekannten Gefährder gehabt haben und auch wegen Körperverletzung bekannt gewesen sein, dies allein habe keine elektronische Fußfessel rechtfertigen können. Auch eine Abschiebung des 2017 abgelehnten Asylbewerbers in den Irak sei nicht möglich gewesen, weil in das Bürgerkriegsland nur in wenigen Ausnahmefällen abgeschoben werde, so Geisel. Tatsächlich deutet in dem Fall nur wenig auf ein Versagen von Behörden hin, umso mehr werden aber erneut langfristige Fehlentwicklungen deutlich, die in der Verantwortung der Regierungspolitik liegen: So ist bei dem Tatverdächtigen nicht einmal wirklich sicher, ob er tatsächlich Iraker ist. Aus Unterlagen des Landesamtes für Einwanderung soll hervorgehen, dass er bei seiner Einreise nach Deutschland keine Ausweisdokumente vorweisen konnte. Die damals gemachten Angaben zur Herkunft und Identität beruhen damit wahrscheinlich auf einer reinen Selbstauskunft.

Zumindest aus den Papieren soll sich nicht ergeben, ob und wie die Angaben auf Richtigkeit überprüft wurden. Nach Angaben des Innensenators ist der Tatverdächtige im Jahr 2016 über Finnland nach Deutschland eingereist. Wie in vielen anderen Immigrationsfällen führte der Weg des Mannes damit über einen sicheren Drittstaat.

Wieder „psychische Probleme“

Obwohl die Dublin-Regelung der EU genau in solchen Fällen eine Rückschiebung ermöglicht, profitierte der mutmaßliche Iraker von der Nicht-Anwendung der Regelung. Bekannt kommt auch der weitere Umgang mit dem Mann vor. Selbst Straftaten, darunter Körperverletzungsdelikte, hatten keinen Einfluss auf den Duldungsstatus. Auch bei einem anderen Problem blieben eigentlich notwendige Reaktionen aus. 

Schon vor der Amokfahrt auf dem Berliner Stadtring war der Tatverdächtige durch schwere psychische Probleme aufgefallen. Der Mann galt als psychisch labil und war bereits im August 2018 in die Psychiatrie gekommen. Von dort war er aber nach kurzer Zeit wieder entlassen worden. Erst vor Kurzem ist in Hessen ein Prozess angelaufen, bei dem es ebenfalls um eine schwere Gewalttat geht, die einem psychisch kranken Mann aus Eritrea zur Last gelegt wird. 

Der Fall hatte vergangenes Jahr bundesweit für Entsetzen gesorgt. Im Juli 2019 waren ein achtjähriger Junge und seine Mutter auf dem Hauptbahnhof in Frankfurt am Main vor einen einfahrenden ICE gestoßen worden. Während sich die Mutter im letzten Moment noch retten konnte, kam ihr Kind ums Leben. Die Staatsanwaltschaft hat den Eritreer nicht angeklagt, sondern den Antrag gestellt, ihn in einem sogenannten Sicherungsverfahren dauerhaft in der Psychiatrie unterzubringen. In einem vorläufigen psychiatrischen Gutachten war der Afrikaner aufgrund einer seelischen Erkrankung als schuldunfähig eingeschätzt worden.