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04.09.20 / Wirtschaftsprognose / Auf dünnem Eis / Zweifel sind angebracht, dass sich die deutsche Konjunktur schnell von den Corona-Folgen erholt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36 vom 04. September 2020

Wirtschaftsprognose
Auf dünnem Eis
Zweifel sind angebracht, dass sich die deutsche Konjunktur schnell von den Corona-Folgen erholt
Peter Entinger

Durch die Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie befürchteten viele Finanzexperten ein wirtschaftliches Fiasko. Nun könnte sich die Stimmung aufhellen, aber Zweifel sind angebracht. 

So stellt sich vermehrt die Frage, ob wir es derzeit wirklich mit den Anzeichen einer Erholung oder einem sogenannten Skischuheffekt haben. „Wer nach einem langen Tag auf der Piste endlich seine engen Skischuhe ausziehen kann, kennt dieses fantastische Gefühl. Aber man sollte es nicht überinterpretieren. Es sind immer noch die alten Füße“, beschrieb die „Wirtschaftswoche“ kürzlich das Phänomen. Frei übersetzt: Es fühlt sich besser an, als es tatsächlich ist. 

Bei deutschen Managern hellt sich die Stimmung seit Wochen auf. Der Geschäftsklimaindex für August des Münchner Ifo-Instituts kletterte auf mehr als 90 Punkte und lag damit so hoch wie seit Monaten nicht mehr: „Die deutsche Wirtschaft ist auf Erholungskurs“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Angst vor der zweiten Welle

Allerdings ist man noch weit von früheren Ergebnissen entfernt. So lag der Index im Februar bei mehr als 95 Prozent. Hinzu kommt, dass die Anzeichen für einen wirtschaftlichen Abschwung bereits im Vorjahr sichtbar waren und dies ohne Corona. Der Ökonom Klaus Wohlrabe, der die Umfragen des Ifo leitet, bezeichnet den Aufschwung daher als „fragil“. In der „Zeit“ sagte er: „Wir sind noch nicht auf dem Vorkrisenniveau angekommen.“ 

Dennoch ist die Wirtschaftsleistung in Deutschland in der Krise etwas weniger stark eingebrochen als zunächst berechnet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte im zweiten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorquartal um 9,7 Prozent. In einer ersten Schätzung war das Statistische Bundesamt von minus 10,1 Prozent ausgegangen.

Von einer Erholung zu sprechen, scheint angesichts der aktuellen Zahlen dann doch verfrüht. Einzelne Bereiche haben stark von der Krise profitiert, wie das Ifo-Institut berichtet. Darunter der Fahrradhandel, gefolgt von Baumärkten, Möbelhäusern und Läden mit Unterhaltungselektronik und Computern. Aber der Einzelhandel im Bekleidungssegment hat nach wie vor mit großen Problemen zu kämpfen, und dort ist die Stimmung auch weiterhin schlecht. 

Die fünf großen Wirtschaftsforschungsinstitute hatten im April für die Phase nach dem Lockdown noch einen Zuwachs von mehr als acht Prozent im dritten Quartal erwartet. Mittlerweile wäre man froh, es würden wenigstens vier Prozent werden. 

Mit bangen Blick schaut die deutsche Wirtschaft zudem auf die Entwicklung beim Export. Die deutsche Industrie rechnet mit einem Zuwachs in den nächsten drei Monaten. Das Ifo-Institut sagt: „Sie kommt aber aus einem tiefen Tal.“ Und: Eine zweite Welle mit einem erneuten Lockdown würde jeden Aufschwung zunichtemachen. „Das ist die große Angst“, schreibt das Ifo-Institut.