20.04.2024

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04.09.20 / Von Pommern auf den roten Felsen / Gottfried Vauk und die Vogelwarte Helgoland / Vom „Maulwurfshaufen aus Dreck und Trümmern“ zur Inselstation mit Weltgeltung – 2020 bereits 110 Jahre

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36 vom 04. September 2020

Von Pommern auf den roten Felsen
Gottfried Vauk und die Vogelwarte Helgoland
Vom „Maulwurfshaufen aus Dreck und Trümmern“ zur Inselstation mit Weltgeltung – 2020 bereits 110 Jahre
Detlef Schwenkler

Als sich Prof. Dr. Gottfried Vauk (5.10.1925–25.3.2015) am 29. Dezember 1987 in das Goldene Buch der Inselgemeinde Helgoland eintrug, mag er an seinen Traum als Panzerleutnant a. D. und Biologiestudent gedacht haben. Förster wollte er werden. Das war ihm schon sechs Jahre nach seiner Geburt in Goldbeck bei Bublitz in Pommern klar. Seine Kindheit verbrachte er auf Streifzügen durch die unberührte Natur des Kreises Köslin. „Wenn wir Kartoffeln essen wollten, durften wir die Wildsau nicht auf den Acker lassen. Und wenn der Habicht das zehnte Huhn geholt hatte, sagte die Mutter: Jetzt holt mal den Habicht!“

Nach dem Abitur am 7. März 1943 in Köslin war für den jungen Gottfried an ein Studium nicht zu denken. Erst einmal folgten Kriegsdienst, Gefangenschaft und Vertreibung aus der Heimat. Nach einer landwirtschaftlichen Ausbildung bei Lüneburg begann er 1949 sein Studium der Zoologie, Botanik und Geologie bei Prof. Dr. Wolf Herre am Institut für Haustierkunde in Kiel. Von Anfang an beschäftigte er sich intensiv mit der Domestikationsforschung, also der Zähmung wildlebender Tiere zu Haustieren, und promovierte 1955 mit einer Arbeit über das Verhalten von Haushunden.

Aus dem Wald auf den roten Felsen

Nicht lange danach holte ihn der Leiter des Wilhelmshavener Instituts für Vogelforschung „Vogelwarte Helgoland“ und beauftragte ihn zum 1. April 1956 mit dem Wiederaufbau der zerstörten Inselstation. „Ich bekam einen schönen Schreck, als ich mir diesen Stecknadelkopf auf der Landkarte suchte, und dachte, du kommst aus dem Wald und nun hinaus aufs Meer. Zwei bis drei Jahre, dann gehst du wieder weg.“ Nun – es dauerte knapp 32 Jahre.

Nur zwei bis drei Jahre … 

Prof. Herre: „Für Gottfried Vauk und auch für die Inselstation wurde dies schicksalhaft. Helgoland war ein Maulwurfshaufen aus Dreck und Trümmern.“ Doch mit Härte, zäher Beharrlichkeit, Überzeugungskraft, Begeisterungsfähigkeit und Organisationstalent baute er auf dem von tausenden britischen Bomben aufgewühlten Helgoländer Oberland die Vogelwarte neu auf und machte sie zu einer Forschungsstätte mit Weltgeltung. In der Anfangszeit war das Leben in einem Barackenlager so rau wie das Klima mitten in der Nordsee. Als Beamter des niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst stellte er später witzig-trocken fest: „Die ersten Jahre waren Kunst, an Wissenschaft war nicht zu denken.“ Zunächst richtete er den Fanggarten zur Beringung der Vögel wieder her, dann legte er in einem Bombentrichter einen Süßwasserteich an. 

Ab 1958 begründete er als Leiter der Inselstation seine neue wissenschaftliche Konzeption. Zu den Gebieten Vogelzugforschung und Betreuung der Zugvögel kamen ökologische Probleme, biologische Umweltforschung und Seevogelforschung hinzu. Zusätzlich betreute er Kurse, Exkursionen, Examenskandidaten, Praktikanten, Führungen, hielt Vorträge und entwickelte eine konsequente Öffentlichkeitsarbeit. 

Die Heimat Pommern nie vergessen

Unvergesslich sein vor Vitalität strotzender warnender Lichtbildervortrag „Ein Kösliner, der Natur verpflichtet, erzählt…“ während des Köslin-Seminars am 13. Februar 1993 in der Ostsee-Akademie im Pommern-Zentrum.

Inzwischen waren Begriffe wie Umweltschutz und Ölpest über die Medien in das allgemeine Bewusstsein geraten – von jeher Vauks ureigene Anliegen. Seine entsprechenden Schreckensberichte erschienen ständig bereits ab den 1960er Jahren. Angenehm fiel sein Bekenntnis vor der Kamera zu seiner pommerschen Heimat während eines Fernsehberichtes über ihn und seine Arbeit im Januar 1988 auf.

Mahnender Umweltschützer

Natürlich im wahrsten Wortsinn kann man auf Helgoland, diesem Vorposten mitten im Meer, 50 Kilometer vom Festland entfernt, vortrefflich forschen. „Wenn schwerer Sturm den Schiffs- wie den Flugverkehr lahmlegt, wenn der Orkan die Ziegel vom Dach fegt und Häuserwände eindrückt“ – was Dr. Vauk mehrmals passiert ist – , „wenn wochenlanger Nebel die Stille noch drückender werden lässt, wird die allmächtige Technik zur Farce, die Zivilisation zu einer Scheinwelt.“ Damit charakterisierte er auch den „Geist der Station“.

Etwas Typisches für das Wesen des Wissenschaftlers und Problemlösers Dr. Vauk verdeutlichen zwei seiner Veröffentlichungen: 1958 „Einige Bemerkungen zum Vorkommen und Verhalten der Wanderratte auf der Insel Helgoland“ in den „Säugetierkundlichen Mitteilungen“ und dann im „Anzeiger für Schädlingskunde“ 1963 „Über das Vorkommen, das Verhalten und die Vernichtung der Wanderratte im Jahre 1962 auf Helgoland“. 

Info www.ifv-vogelwarte.de