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04.09.20 / Denkmäler / Gefährdete Art aus Stein / Noch existieren 173 Bismarcktürme – Sie könnten Opfer von Bilderstürmern und Preußenhassern werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36 vom 04. September 2020

Denkmäler
Gefährdete Art aus Stein
Noch existieren 173 Bismarcktürme – Sie könnten Opfer von Bilderstürmern und Preußenhassern werden
Wolfgang Kaufmann

Im deutschen Kaiserreich gab es keinen populäreren Politiker als Fürst Otto von Bismarck, der bis 1890 sowohl als preußischer Ministerpräsident als auch als Reichskanzler fungierte. Letztlich entspann sich sogar ein regelrechter Kult um die Person des Reichsgründers, welcher kulminierte, nachdem Bismarck im Juli 1898 gestorben war. 

Hatte man bereits zu Lebzeiten des „Eisernen Kanzlers“ diverse Denkmäler und erste Türme zu seinen Ehren errichtet, initiierte die Deutsche Studentenschaft nun den Bau von hoch aufragenden steinernen Monumenten mit eisernen Schalen auf der Spitze, in denen an bestimmten Tagen weithin sichtbare Feuer lodern sollten – so zum Beispiel dem Datum von Bismarcks Geburt beziehungsweise Tod.

Den Wettbewerb um die Gestaltung der „Feuersäulen“ gewann 1899 der Architekt Wilhelm Kreis, der sich gegen 

320 Mitbewerber durchsetzte und später auch das Deutsche Hygienemuseum in Dresden konzipierte, mit seinem Entwurf „Götterdämmerung“. Bauwerke dieses Typs entstanden bis 1911 an 47 Orten in Deutschland. Doch damit nicht genug: Die Verehrer des Fürsten wollten insgesamt sogar über 400 Bismarcktürme auf allen Kontinenten errichten. Davon wurden dann um die 240 Stück fertiggestellt – der letzte übrigens erst zum 1. April 1934, dem 119. Geburtstag des Reichsgründers, auf einer Anhöhe nördlich des Möhne-Stausees. Dabei kamen auch noch andere Konzepte zur Umsetzung, sodass sich die Monumente letztlich in sehr unterschiedlicher Gestalt präsentierten.

Manche ragten deutlich weiter in die Höhe als die „Konkurrenz“ wie der mittlerweile nicht mehr existierende „Wiesbadener Eiffelturm“ im Stadtteil Bierstadt mit seinen 50 Metern. Natürlich spielten hier auch die verfügbaren finanziellen Mittel eine Rolle, welche zumeist aus Spenden der Bevölkerung stammten. Am kostenintensivsten war der Bau des Bismarckturmes von Stettin-Gotzlow, der 200.000 Mark verschlang.

Fast alle „Feuersäulen“ standen auf dem Territorium des deutschen Kaiserreiches; dazu kamen weitere Türme in Concepción (Chile), am Kap Nachtigal in Kamerun, auf dem Varzinsberg in Papua-Neuguinea und südwestlich von Kilwa Kivinje im heutigen Tansania. Aufgrund der Wirren des Ersten und Zweiten Weltkrieges oder mangelnder Instandhaltung sowie auch der Bestrebungen der Siegermächte beziehungsweise ihrer in- und ausländischen Erfüllungsgehilfen, möglichst viele Denkmäler der preußisch-deutschen Geschichte zu schleifen, existieren heute nur noch 173 der Türme, die einst zu Ehren Bismarcks errichtet worden waren.

146 davon finden sich auf dem Gebiet der Bundesrepublik – die meisten davon in Nordrhein-Westfalen (24), Sachsen (18), Thüringen (16) und Sachsen-Anhalt (15). Dahingegen gibt es in Berlin und Bremen keine Bismarcktürme mehr, und im Saarland wurde niemals einer errichtet. Weitere 27 Monumente stehen in Ostdeutschland oder den ehemaligen deutschen Kolonien sowie in Tschechien und Elsass-Lothringen.

Die Führung der DDR ließ die nicht abgerissenen Türme allesamt umbenennen: Sie erhielten Namen wie „Friedenswarte“, „Friedensturm“, „Schiller-Turm“, „Turm der Jugend“ oder „Geschwister-Scholl-Turm“. Nach 1989 bildeten sich allerlei lokale Vereine, welche das Ziel verfolgten, die „Feuersäulen“ zu restaurieren und in Aussichtspunkte zu verwandeln. So zum Beispiel in Dresden-Räcknitz, wo neben dem 1906 eingeweihten Turm vom Typ „Götterdämmerung“ auch noch ein Denkmal für den französischen General Jean-Victor Moreau steht, unter dem die beiden amputierten Beine bestattet sind, die der erklärte Napoleon-Gegner am 27. August 1813 durch feindlichen Artilleriebeschuss verlor.

Seit einigen Jahren klagen viele Kommunen über wachsende Zerstörungswut gegenüber den Bismarcktürmen. Dabei haben die Graffiti-Schmierereien und Zerstörungen momentan meist noch keinen politischen Hintergrund. Dies könnte sich allerdings demnächst ändern. Immerhin werden ja nun bereits solche absurden Vorschläge diskutiert wie der des Pastors und ehemaligen Studienleiters für Erinnerungskultur an der Evangelischen Akademie in Hamburg, Ulrich Hentschel.

 Der Geistliche forderte unlängst, den Kopf der 14,8 Meter messenden Bismarck-Statue in der Hansestadt abzutrennen, da das Denkmal für „deutschen Größenwahn und … die Verbrechen des Kolonialismus“ stehe. Angesichts solcher ideologischer Verirrungen dürfte es wohl nicht mehr lange dauern, bis auch die übrig gebliebenen Bismarcktürme ins Visier ebenso fanatischer wie historisch unbedarfter Bilderstürmer geraten.