26.04.2024

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04.09.20 / Für Sie gelesen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36 vom 04. September 2020

Für Sie gelesen

Bis heute traumatisiert

Unbequeme Menschen so mir nichts, dir nichts in geschlossenen psychiatrischen Einrichtungen verschwinden zu lassen, um sie dann dort brutal zu misshandeln und zwangsweise mit Psychopharmaka vollzustopfen, gilt gemeinhin als ein Merkmal finsterer Diktaturen. Dabei waren derartige Vorgehensweisen früher auch in der Bundesrepublik üblich. Hierüber berichtet das Buch „Sechs Jahre in Haus F“ von Günter Wulf.

Der Autor schildert, wie man ihn 1968 im Alter von neun Jahren wegen diverser Lappalien aus einem überfüllten Kinderheim in das Psychiatrische Landeskrankenhaus auf dem Hesterberg bei Schleswig abschob und was ihm dort nachfolgend an Schrecklichem widerfuhr: totale Vernachlässigung, Schläge und andere Formen körperlicher Gewalt, sexueller Missbrauch, Psychoterror der übelsten Art und die Herabwürdigung zum Versuchskaninchen der Pharmaindustrie.

Man könnte die Schilderungen Wulfs für übertrieben halten, wenn sie nicht so authentisch beziehungsweise detailliert wären und die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie sich inzwischen nicht auch bei den zumeist bis heute traumatisierten Betroffenen für das zugefügte Leid entschuldigt hätte – im Gegensatz übrigens zu den involvierten Pharmakonzernen, welche ihre Präparate auf dem Hesterberg an Minderjährigen testen ließen. Wolfgang Kaufmann

Günter Wulf: „Sechs Jahre in Haus F. Eingesperrt, geschlagen, ruhiggestellt. Meine Kindheit in der Psychiatrie“, Bastei Lübbe Verlag, Köln 2020, broschiert, 253 Seiten, 10 Euro





Fehler der US-Politik

Zunächst ist es sehr mühsam, in den neuen Roman des spanisch-peruanischen Schriftstellers Mario Vargas Llosa „hereinzukommen“, da es sich wie ein Sachbuch, dazu mit einer Fülle an politischen und historischen Namen und Begebenheiten, sehr schwergängig liest. Erst ab etwa der Hälfte gibt es literarische Ausschmückungen, die immer wieder von langweiligen politischen Exkursen unterbrochen werden. 

Der Roman handelt von einem Putsch in den 50er Jahren in Venezuela, der auch andere Staaten Lateinamerikas erschüttert hat. Der demokratisch gewählte Präsident Jacobo Árbenz wurde mit Unterstützung der CIA gestürzt, die ihn beschuldigte, Kommunist zu sein, weil er US-amerikanischen Interessen und der im Land tätigen United Fruit Company in die Quere kam. Vargas Llosa stellt mit seinem Romanepos die Fehler der US-Politik bloß und schließt mit der Schlussfolgerung, dass sie damit den Kommunismus in Kuba erst ermöglicht habe. MRK

Mario Vargas Llosa: „Harte Jahre“, Suhrkamp Verlag, Berlin 2020, gebunden, 410 Seiten, 24 Euro