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18.09.20 / ungleiche nachbarn / Weißrussland ist anders als die Ukraine / Anders als Kiew hat sich Minsk nie von Moskau kulturell emanzipiert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38 vom 18. September 2020

ungleiche nachbarn
Weißrussland ist anders als die Ukraine
Anders als Kiew hat sich Minsk nie von Moskau kulturell emanzipiert

Weißrussland war mit der Ukraine 1945 Mitbegründer der Vereinten Nationen. 1986 hat das Reaktorunglück von Tschernobyl, von dem beide Länder gleichermaßen betroffen waren, die beiden zusammengeschweißt. Beide standen an der Spitze der Sowjetrepubliken, die den Untergang der Sowjetunion betrieben. 

Das entscheidende Treffen der Unionsrepubliken, an dem der Untergang der UdSSR besiegelt wurde, fand auf weißrussischem Boden am 8. Dezember in einem Jagdhaus der KPdSU in der Belowescher Heide statt. Dabei wurde die Überführung der UdSSR in die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) beschlossen. Mit dabei waren neben dem Russen Boris Jelzin der Ukrainer Leonid Krawtschuk und der Weißrusse Stanislau Schuschkewitsch. Letzterer wurde nach nur drei Jahren Marktwirtschaft von Lukaschenko mithilfe von Altkommunisten abgesetzt, welche die Zeit Richtung Sowjetunion zurückdrehten. 

Österreich als Geburtshelfer

Weißrussland war vom 16. bis zum 18. Jahrhundert ein Kernland der polnisch-litauischen Adelsrepublik, der Rzeczpospolita. Während bei den polnischen Teilungen im 18. Jahrhundert ein Teil der Ukraine an Österreich kam, wurde das heutige Belarus vollständig Russland zugeschlagen. Im österreichischen Teil der Ukraine konnten sich die ukrainische Kultur und Sprache und auch eine unabhängige katholisch-ukrainische Kirche mit orthodoxer Liturgie, die auf Distanz zu Moskau ging, entwickeln. 

Zwischen dem Polnisch-Sowjetischen und dem Zweiten Weltkrieg war zwar zumindest der westliche Teil des heutigen Belarus als Bestandteil der II. Rzeczpos­polita russischem Einfluss entzogen. In dem erfolglosen Bestreben, die Region zu polonisieren, ließ Warschau jedoch keine von Moskau unabhängige weißrussische Kultur oder Kirche zu. 

Deshalb behielten die weißrussische Sprache und Kultur ihre engen Bindungen zu Moskau, während die ukrainische Kultur sich von Moskau immer mehr abgrenzte. 

Diese Entwicklung der Ukraine weg von Moskau setzte sich während der ukrainischen Unabhängigkeit zwischen 1918 und 1921 und nach dem Ende der Sowjetunion durch, während es parallele Distanzierungsbewegungen zu Moskau in Weißrussland nie gab. Die Zugehörigkeit zur russisch-orthodoxen Kirche sowie zur russischen Sprach- und Kulturgemeinschaft wird in Belarus bislang nicht in Frage gestellt. Selbst die weißrussische Nationaldichterin Swetlana Alexijewitsch, ein in der Ukraine geborener führender Kopf der Opposition, schreibt nicht auf Weißrussisch, sondern auf Russisch.B.B.