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18.09.20 / Reichsbahnbrücke / Abriss oder Umzug an neuen Standort? / Russische Eisenbahnen und die Stadt Königsberg haben unterschiedliche Pläne

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38 vom 18. September 2020

Reichsbahnbrücke
Abriss oder Umzug an neuen Standort?
Russische Eisenbahnen und die Stadt Königsberg haben unterschiedliche Pläne
Jurij Tschernyschew

Auf dem Höhepunkt dieses Sommers kam es erneut zu einer Debatte über das Schicksal des Kulturerbes der doppelstöckigen Brücke über den Pregel in Königsberg. 

Im Juli hatte Gouverneur Anton Alichanow noch gesagt, dass die ehemalige Reichsbahnbrücke erhalten werden müsse: „Der Bau neuer Brücken wird durchgeführt. Sie werden dringend benötigt. Die alte Brücke ist zweifelsohne ein Symbol der Stadt, man muss versuchen, sie zu erhalten. Die einzige Frage ist ihre Höhe. Sie ist sehr niedrig und schränkt den Schiffsverkehr ein. Die neuen Brücken werden höher sein. Möglicherweise muss die Durchfahrtshöhe angehoben und in einer bestimmten Höhe fixiert werden. Gleichzeitig möchte ich betonen, dass wir die Option, historische Elemente aus der Region zu erhalten, nicht finanziell unterstützen werden. Es kann zu phantastischen Summen führen.“

Er unterstrich, dass die Frage des Erhalts der Eigentümer entscheiden müsse und das sind die Russischen Eisenbahnen (RSchD). Im Juni 2020 sagte der Leiter des Ausschusses für territoriale Entwicklung und Bauwesen des Königsberger Gebiets, Artur Krupin, dass die doppelstöckige Brücke in Königsberg erhalten bleiben werde. Ihr Mittelteil werde für die Durchfahrt von Schiffen angehoben. 

Kürzlich sprach sich der stellvertretende Premierminister der Regionalregierung, Alexander Rolbinow, hingegen für die Demontage der Brücke aus. Es gibt eine Planung für zwei neue Brücken anstelle der alten, eine für den Eisenbahn- und eine für den Straßenverkehr. Diese sollen den Verkehrsfluss in diesem Stadtteil wesentlich verbessern. Rolbinow kündigte die Umsetzung dieses Projekts für Anfang 2021 an.

Die doppelstöckige Reichsbahnbrücke wurde in Königsberg im Jahr 1926 erbaut. Über den oberen Stock fuhr die Eisenbahn, über den unteren Autos. Mit Hilfe eines speziellen Mechanismus konnten die Brückenflügel in wenigen Minuten zur Seite gedreht werden, wodurch die Passage für Schiffe geöffnet wurde.

Doppelstöckige Drehbrücke

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Brücke zerstört. Unmittelbar nach dem Krieg wurde sie zunächst als nicht drehbare Brücke restauriert. 1965 wurde sie jedoch modernisiert und anstelle von zwei rotierenden Brückenbögen wurde ein großer gebaut, der mit Hilfe von zwei hohen Türmen vertikal angehoben wurde. In dieser Form existiert die Brücke bis heute.

Die Gespräche über die Notwendigkeit, die zweistöckige Brücke abzureißen, begannen bereits 2013, als die Verwaltung von Königsberg und die der RSchD sich darauf einigten, an ihrer Stelle zwei neue Brücken zu errichten. Die städtische Öffentlichkeit diskutierte über den historischen Wert der Brücke und die Notwendigkeit, sie in der einen oder anderen Form zu erhalten.

Am 18. September 2019 fanden öffentliche Anhörungen statt, um einen Kompromiss, der den Bau von zwei neuen Brücken mit der gleichzeitigen Erhaltung der zweigeschossigen Brücke vorsah, zu erörtern. Den Bauplänen zufolge hätten die neuen Brücken jedoch die Sichtbarkeit der historischen Brücke gestört. 

Die doppelstöckige Brücke ist in einem unbefriedigenden technischen Zustand. Sie erschwert die Schifffahrt und hat eine geringe Kapazität, da sie nicht für den gesamten Güterverkehr zur Verfügung steht. Gleichzeitig haben es die Russischen Eisenbahnen nicht eilig, die Brücke auf eigene Kosten zu rekonstruieren und nichts dagegen, sie beispielsweise an die Stadt zu übertragen. Ursprünglich war geplant, den Straßenteil der Brücke abzureißen und den Eisenbahnteil ganz der Instandhaltung der RSchD zu überlassen. Gleichzeitig sollte eine neue Brücke näher am Ozeanmuseum gebaut werden. 

Die Brücke gilt als Denkmal

Die zweigeschossige Brücke ist ein Denkmal von städtischer Bedeutung, sodass jeder Wiederaufbau im Rahmen bestimmter Normen erfolgen muss. Hier wäre folgende Lösung denkbar: Die Brücke kann demontiert und als Exponat an einem neuen Standort, beispielsweise bei dem nahe gelegenen Ozeanmuseum, wieder aufgebaut werden. Ob die Stadt sich auf diese Lösung einlassen wird, steht noch in den Sternen.