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25.09.20 / Asylkrise / Österreich hat die Konsequenzen gezogen / Fünf Jahre „Wir schaffen das!“: Der Blick nach Wien zeigt, dass Berlins starre Unbelehrbarkeit keineswegs „alternativlos“ ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39 vom 25. September 2020

Asylkrise
Österreich hat die Konsequenzen gezogen
Fünf Jahre „Wir schaffen das!“: Der Blick nach Wien zeigt, dass Berlins starre Unbelehrbarkeit keineswegs „alternativlos“ ist
Bodo Bost

Obwohl Österreich nur Transitland für Merkels „Wir schaffen das!“ war, beherrscht das Thema Migration seit damals die österreichische Politik wie kein anderes. Während in der Bundesrepublik Merkel immer noch regiert, hat der Asylsucherstrom zwei SPÖ-Bundeskanzlern die Karriere gekostet. Dagegen hat Kanzler Sebastian Kurz von der ÖVP mit einer harten Migrationspolitik davon profitiert.

Österreich war im Herbst 2015 Transitland der einseitigen bundesdeutschen Grenzöffnung, denn fast alle Immigranten, die in die Bundesrepublik strömten, mussten durch Österreich. Aber nicht alle sind in die Bundesrepublik weitergezogen. Auch die Alpenrepublik erlebte 2015/2016 einen vorher nie gekannten, sprunghaften Anstieg seiner Asylzahlen. Der damalige sozialdemokratische Bundeskanzler Werner Faymann und sein Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) kooperierten zwar mit Berlin, aber den Satz „Wir schaffen das!“ brachte keiner der beiden über die Lippen. Die Krise hat in kurzer Zeit beider Karrieren beendet, während sie Merkel, die alles ausgelöst hatte, nicht schadete.

Weil Merkel die Aufnahme von in Ungarn gestrandeten Asylsucher im September 2015 zugesagt hatte, landeten Zehntausende erst einmal in Österreich – und wurden zunächst freundlich empfangen. Einfache Bürger karrten Essen heran, Kinder verschenkten Plüschtiere, weil staatliche Stellen völlig überfordert waren. 

Aber schon bald kippte die Stimmung. Dafür sorgten Fotos von verschmutzten Zügen oder weggeworfenen Spielsachen. Auch die Bilder, wie sich Scharen unter den Augen scheinbar ohnmächtiger Polizisten über die steirische Grenze drängten, stimmten die Menschen um. Es entstand der Eindruck, dass der Staat die Kontrolle verloren hat. Bald kamen die Asylsucher nicht mehr bloß aus Ungarn, weil dort die Grenzen bald dicht waren, jetzt kam die Mehrheit aus Slowenien. 

Zwei Kanzler mussten gehen

Als Österreich weiter auf der Abmachung mit Merkel bezüglich Ungarn bestand, und die Asylsucher einfach von der slowenischen Grenze nach Bayern transportieren ließ, hat dies Berlin nicht mehr umstandslos akzeptieren wollen. Deshalb begann Wien eine restriktivere Politik und legte eine Asyl-Obergrenze fest. Ein fortwährendes Durchschleusen der Menschen in die Bundesrepublik erschien vielen Österreichern keine langfristige Lösung.

Mit seiner schwankenden Asylpolitik verspielte Kanzler Faymann seinen Kredit in der SPÖ. Im Mai 2016 folgte ihm der ehemalige österreichische Bahnchef Christian Kern als vorerst letzter SPÖ-Kanzler. Aber auch seine Zeit war nach einem Jahr abgelaufen, weil er das Asylthema, das im Volk hohe Wellen schlug,  nicht bewältigt hat. In den Umfragen stieg die FPÖ zeitweise zur stärksten Partei auf. Aber auch Sebastian Kurz hatte frühzeitig erkannt, wie viel politisches Kapital sich aus dem Thema Migration schlagen lässt. Ihm gelang 2016 als Außenminister die Schließung der Balkanroute hinter Griechenland. Er konnte so die ÖVP wieder zur stärksten Kraft machen und löste Parteichef Mitterlehner ab. Ohne die Asylkrise wäre auch die Koalition zwischen SPÖ und ÖVP nicht 2017 vorzeitig geplatzt. Zusammen mit der FPÖ bildete Kurz 2017 eine neue Regierung. 

Den politischen Rechtsruck in der ÖVP und in Österreich spürt man bis heute, obwohl 2019 die Koalition der ÖVP mit der FPÖ infolge der Ibiza-Affäre geplatzt ist und nach Neuwahlen durch die erste schwarz-grüne ersetzt wurde. Aber auch in dieser Koalition ist Kurz so stark, dass von grüner Politik im Asylbereich faktisch nichts zu spüren ist. Österreich hat zum Beispiel noch keine „alleinreisenden“ Immigrantenjungen aus den griechischen Ägäis-Lagern aufgenommen.