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25.09.20 / Corona-Pandemie / Wie Experten den Umgang mit dem Virus-Ausbruch in Deutschland bewerten / Von Kritik am Lockdown und dessen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgeschäden bis hin zur Befürwortung der staatlichen Maßnahmen: Fünf Publikationen zur aktuellen Krise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39 vom 25. September 2020

Corona-Pandemie
Wie Experten den Umgang mit dem Virus-Ausbruch in Deutschland bewerten
Von Kritik am Lockdown und dessen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgeschäden bis hin zur Befürwortung der staatlichen Maßnahmen: Fünf Publikationen zur aktuellen Krise
Wolfgang-Kaufmann

Im Laufe des Jahres 2020 wurde die Corona-Pandemie schnell zum alles beherrschenden Thema. Vor diesem Hintergrund ist es nur zu verständlich, dass bald auch diverse Bücher erschienen, welche die verschiedenen Aspekte der globalen Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus und deren Folgen diskutieren.

Zu den ersten derartigen Publikationen gehört „Corona Fehlalarm? Zahlen, Daten und Hintergründe“ aus der Feder von Professor Karina Reiss vom Quincke-Forschungszentrum der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Professor Sucharit Bhakdi, dem langjährigen Leiter des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Diese beiden renommierten Wissenschaftler befassen sich mit der unnötig hochgespielten Gefährlichkeit des angeblichen „Killervirus“, der Corona-Situation in Deutschland, den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgeschäden infolge des Lockdowns vom Frühjahr 2020, sowie dem „totalen Versagen der öffentlichen Medien“, welche der Politik nach dem Munde redeten anstatt kritisch zu recherchieren. 

Das Fazit von Bhakdi und Reiss lautet dabei, dass es hierzulande im Zuge der Pandemie zu einer „medial geschürten Massenhysterie“ sowie „Einschränkung der Grundrechte“ und „Zensur der Meinungsfreiheit“ gekommen sei – mithin also zur totalitären Umwandlung der Gesellschaft. Allerdings gebe es auch etwas Positives an der ganzen Sache: Deutlich mehr Menschen als bisher hätten nun erkannt, dass man weder den etablierten Medien noch der politischen Führung hierzulande trauen könne.

Sehr viel zahmer wirkt dahingegen das Buch „Pest und Corona. Pandemien in Geschichte und Gegenwart“, welches die beiden Medizinhistoriker Heiner Fangerau und Alfons Labisch vorgelegt haben. Darin werden zwar durchaus auch die richtigen Fragen gestellt, wie: Ist die aktuelle Pandemie tatsächlich etwas Einmaliges oder hat die Welt schon oft Ähnliches beziehungsweise gar Schlimmeres erlebt? Wie veränderten die global auftretenden Seuchen das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben? Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus den Erfahrungen mit früheren Pandemien für unsere Gegenwart und Zukunft ziehen? Und sollten wir trotz aller gesundheitlichen Risiken den weltweiten Austausch von Gütern, Dienstleistungen und Menschen fortführen? Die Antworten hierauf befriedigen allerdings nur zum Teil: Viele, faktisch gar nicht so tödliche Krankheiten würden von den Medien systematisch „skandalisiert“, wohingegen es der „größte Killer aller Zeiten“, nämlich die Malaria, welche eine Million Todesfälle pro Jahr verursache, kaum je in die Schlagzeilen bringe. 

Dabei zählen Fangerau und Labisch freilich auch Covid-19 zu den gefährlichen Krankheiten, vor denen vollkommen zu Recht gewarnt werde, obwohl sie selbst darlegen, wie wenig man über die wahre Letalitätsrate wisse. Desgleichen loben sie die Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern als effektiv und angemessen. 

Und die beiden Autoren sehen auch kein Problem darin, dass der Staat wichtige Freiheitsrechte eingeschränkt habe: Dagegen „helfen politische Initiativen, Wahlen und die Beteiligung am Diskurs“ sowie der Föderalismus hierzulande. Ansonsten lautet ihr Fazit: „Ohne ein Grundvertrauen … in das Funktionieren des Staates … und das Verhalten der verantwortlichen Politiker“ könnten Pandemien heute und in Zukunft „nicht oder nur mit Gewalt bekämpft werden“.

Ob ein solches Grundvertrauen tatsächlich berechtigt ist, wird in dem schmalen, aber inhaltsschweren Bändchen „Trotzdem“ diskutiert, in dem sich die der Jurist und der Schriftsteller Ferdinand von Schirach und Alexander Kluge zwei Streitgespräche über genau diese Frage liefern: Dabei verweisen sie darauf, dass Einschränkungen der Freiheitsrechte durch die Bundesregierung legitim, geeignet, erforderlich und angemessen sein müssten – so lauteten schließlich die Regeln in einer modernen Demokratie. 

Dabei drücken sich die Autoren jedoch um klare Antworten, was die Einhaltung derselben durch unsere Exekutive betrifft. Stattdessen singen sie ein peinlich anmutendes Loblied auf den angeblichen Pragmatismus der Bundeskanzlerin. Dem folgt der Verweis auf die potenziell segensreiche Wirkung von Katastrophen wie eben nun der Corona-Pandemie: Oftmals brächten solche Ereignisse ja etwas ganz Neues hervor. Gleichzeitig lassen von Schirach und Kluge aber offen, wie das im Konkreten aussehen könnte: „Beides ist jetzt möglich, das Strahlende und das Schreckliche.“

Fehlendes Grundvertrauen in Staat

Eine klare Wende zum Besseren erhofft sich der langjährige Präsident des Ifo-Institutes und Professor für Volkswirtschaftslehre Hans-Werner Sinn in seiner Publikation „Der Corona-Schock. Wie die Wirtschaft überlebt“. Der historisch einmalige ökonomische Einbruch infolge der Pandemie müsse Anlass dazu bieten, „zukünftig längerfristig vorzusorgen, Risiken genauer zu betrachten und weniger naiv zu agieren“. Wann, wenn nicht jetzt, sei die Gelegenheit, längst fällige Korrekturen in der deutschen und darüber hinaus auch europäischen Wirtschaftspolitik vorzunehmen? 

Also schlägt Sinn viele grundsätzliche Veränderungen vor: Die Abschaffung der Rettungsschirme und der Schuldenvergemeinschaftung in der EU, welche ganz Europa ruiniere, das Ablassen von den Kaufprogrammen der Europäischen Zentralbank und der verantwortungslosen Geldvermehrung vermittels der Druckerpresse, das Ende der Dezimierung der deutschen Autoindustrie aufgrund ökologischer Traumtänzereien und so weiter. 

Andererseits sind aber auch manche von Sinns Forderungen problematisch. So zum Beispiel die nach der weitgehenden Aufweichung des Datenschutzes im Zuge der Corona-Bekämpfung, der Erhöhung der Mehrwertsteuer sowie der Forcierung der Privatisierung des Gesundheitswesens hierzulande. Ebenso zu hinterfragen ist Sinns Plädoyer für die Fortsetzung der ungebremsten Globalisierung, welche uns die Corona-Krise ja überhaupt erst eingebrockt hat.

Verfahrene Lage zu Jahresbeginn

Und dann wäre da noch das umfangreiche Buch „Lockdown“ von Michael Morris  (ein Pseudonym). Es greift diverse Themen auf, welche die selbsternannten „Faktenprüfer“ der öffentlich-rechtlichen Medien gerne den „Verschwörungstheorien“ zurechnen, obwohl das Gesagte oftmals einer Überprüfung standhält. Dabei geht es nicht nur um die Corona-Pandemie, sondern auch um die wirtschaftlich-politische Ausgangslage zu Beginn der Virus-Seuche vor dem Hintergrund der Euro- und Asylkrise, der Russland-Sanktionen und Währungskriege, der Klima-Hysterie und der Hyperglobalisierung. 

Aus Morris’ Sicht war die Lage Anfang 2020 so verfahren, dass es praktisch keine Alternative zu ganz brachialen Kurskorrekturen gegeben habe – jedoch musste dazu ein unvorhersehbares Großereignis eintreten, für das man die Regierenden dieser Welt nicht verantwortlich machen könne. Und das sei eben die zufällig oder auch nicht zufällig ausgebrochene Pandemie gewesen. 

Dem folgt eine Chronologie der Ereignisse seit dem ersten Auftauchen des SARS-CoV-2-Virus in China. Parallel hierzu beschreibt Morris die ominöse Pandemie-Übung des Johns Hopkins Center for Health Security und der Bill & Melinda Gates Foundation im Oktober 2019 sowie das merkwürdige Gebaren der Weltgesundheitsorganisation WHO und anderer Institutionen, die maßgeblich von US-Milliardären wie Bill Gates, George Soros und Warren Buffett gesponsert werden. 

Ansonsten geißelt der Autor ebenso wie Bhakdi und Reiss die Corona-Panikmache hierzulande, welche auf unseriösen Zahlenspielereien beruhe und zu unabsehbaren sozialen sowie ökonomischen Kollateralschäden führen werde. Allerdings weist Morris’ Buch auch einige Schwächen auf. So stören Detailfehler wie beispielsweise diese: Joe Biden, Donald Trumps Gegenkandidat bei der US-Präsidentschaftswahl im Herbst 2020, ist erst 77 und noch keine 82 Jahre alt, und die Organisation erdölexportierender Länder OPEC wurde nicht 1973 gegründet, sondern 1960. Darüber hinaus fehlen sämtliche Anzeichen für den von Morris vorhergesagten globalen Neuanfang auf politischem und ökonomischem Gebiet.

Karina Reiss/Sucharit Bhakdi: „Corona Fehlalarm. Zahlen, Daten und Hintergründe“, Goldegg Verlag, Berlin 2020, broschiert, 159 Seiten, 15 Euro

Heiner Fangerau/Alfons Labisch: „Pest und Corona. Pandemien in Geschichte, Gegenwart und Zukunft“, Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2020, gebunden, 192 Seiten, 18 Euro

Ferdinand von Schirach /Alexander Kluge: „Trotzdem“, Luchterhand Literaturverlag, München 2020, gebunden, 77 Seiten, 8 Euro

Hans-Werner Sinn: „Der Corona-Schock. Wie die Wirtschaft überlebt“, Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2020, gebunden, 219 Seiten, 18 Euro

Michael Morris: „Lockdown“, Amadeus Verlag, Fichtenau 2020, broschiert, 378 Seiten, 21 Euro