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02.10.20 / Softbank / Wie die Japaner den Aktienmarkt manipulierten / Nippons zeitweise zweitgrößtes börsennotiertes Unternehmen bediente sich der Technik des „Pump and Dump“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40 vom 02. Oktober 2020

Softbank
Wie die Japaner den Aktienmarkt manipulierten
Nippons zeitweise zweitgrößtes börsennotiertes Unternehmen bediente sich der Technik des „Pump and Dump“
Wolfgang Kaufmann

Neben „Bullen“ und Bären“ tummeln sich an den Aktienmärkten auch noch Vertreter einer dritten Spezies, welche sehr viel seltener im Rampenlicht auftauchen, nämlich die „Wale“. So werden Investoren genannt, die unter der Oberfläche agieren, aber beachtliche Wellen erzeugen. 

Einer dieser „Wale“ scheint der japanische Großkonzern Softbank zu sein, wie Recherchen der „Financial Times“ und des „Wall Street Journal“ ergaben. Der Telekommunikations- und Medienkonzern war zeitweise das zweitgrößte börsennotierte Unternehmen in Japan nach Toyota. 2018 erzielte er einen Nettogewinn von 9,18 Milliarden US-Dollar. Für 2019 wies der Geschäftsbericht dann allerdings Verluste in Höhe von 13,5 Milliarden aus. Schuld daran war die Investitionsabteilung des Konzerns, deren 100-Milliarden-Dollar-Risikokapitalfonds Vision Fund weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Dadurch sank der Softbank-Aktienkurs seit Anfang 2020 um rund zwölf Prozent.

Angesichts dessen hat Softbank Investments nun offensichtlich versucht, die Einbußen des Vorjahres wettzumachen. Dabei bedienten sich die Japaner der Technik des sogenannten Pump and Dump (aufpumpen und wegwerfen). Die besteht im Grundsatz darin, in kurzer Zeit auf möglichst unauffällige Weise große Mengen Aktien von bestimmten Unternehmen zu erwerben und die Kurse so für einige Tage künstlich aufzublasen (Pump). Und wenn die Börsennotierungen dann ausreichend hoch sind, werden die Wertpapiere umgehend wieder abgestoßen, bevor andere Marktteilnehmer das Gleiche tun (Dump).

Gefahr eines globalen Kurseinbruchs

Als Vehikel für diese Kursmanipulation wählte Softbank Investments Aktien von prominenten Großunternehmen wie Amazon, Google, Microsoft und Tesla. Die erlebten im September abrupte Kurssprünge von zunächst bis zu plus 27 und dann bis zu minus 21 Prozent, während der Markt sonst eher passiv blieb. 

Das Bemerkenswerte dabei ist, dass die japanischen Finanzjongleure letztlich wohl nur etwa vier Milliarden US-Dollar einsetzten, was angesichts des erzielten Effekts eine verblüffend geringe Summe war. Daher lief das Ganze wahrscheinlich so ab: Statt in großem Umfang regulär Aktien der genannten Börsenschwergewichte zu erwerben, kaufte Softbank lediglich Optionen auf die Wertpapiere. 

Solche Optionsscheine berechtigen dazu, bestimmte Aktien später zu einem vorher festgelegten Preis zu erhalten. Das ist quasi eine Wette des Käufers darauf, dass der Kurs über die vereinbarte Marke steigt. Der Vorteil besteht darin, dass der Einsatz pro Option gar nicht sonderlich hoch zu sein braucht, denn Optionsscheine sind sogenannte Hebelprodukte. 

Sie reagieren auf die Schwankungen des Aktienwertes nach oben oder unten nicht im Verhältnis Eins zu Eins, sondern – je nach vereinbartem Hebel – gleich um ein Mehrfaches. Liegt der Hebel also beispielsweise bei Zehn, müssen vom Verkäufer der Option auch Aktien im zehnfachen Wert bereitgestellt werden, wenn der Preis der echten Aktie hochgeschnellt ist. Dahingegen verzehnfachen sich die Verluste des Käufers bei Kursabstürzen.

Dass der Kurs der fraglichen Börsentitel tatsächlich kräftig anstieg, resultierte zunächst daraus, dass die verschiedenen Options-Verkäufer diese am Stichtag auch in ausreichender Menge vorrätig haben mussten. Also begannen sie sich vorsorglich mit den Wertpapieren einzudecken. Und das verstärkte dann die Welle, die der „Wal“ Softbank ausgelöst hatte. Plötzlich wollten unzählige Anleger auf den fahrenden Zug aufspringen und es wurde gekauft und gekauft. 

Nach Schätzungen von Börsenanalysten kam der japanische Konzern durch den Kursanstieg und die Hebelwirkung seiner Optionsscheine an Aktien im Wert von 50 Milliarden Dollar, die er umgehend wieder abstieß. Damit dürfte die Softbank-Bilanz 2020 deutlich besser ausfallen als 2019.

Beunruhigend an dem Ganzen ist, dass auf ähnlich gezielte Weise auch ein Kursverfall erzeugt werden kann, weil gewiefte Investoren daraus gleichermaßen Profit zu schlagen vermögen. Das würde zwar zunächst nur einzelnen Aktien schaden, birgt aber darüber hinaus die Gefahr eines allgemeinen Kurseinbruchs mit verheerenden weltwirtschaftlichen Folgen. Dabei steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es dazu kommt, mit anhaltend hohen Kursen, weil diese die Pump-and-Dump-Strategie erschweren. Denn die erfordert ausreichend Spielraum nach oben.