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09.10.20 / Corona / Warum ein „Weiter so“ keine Option sein kann / Während die Politik die Angst vor einer „zweiten Welle“ umtreibt, werden die schrecklichen Nebenfolgen des Lockdown immer stärker sichtbar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41 vom 09. Oktober 2020

Corona
Warum ein „Weiter so“ keine Option sein kann
Während die Politik die Angst vor einer „zweiten Welle“ umtreibt, werden die schrecklichen Nebenfolgen des Lockdown immer stärker sichtbar
René Nehring

Die Corona-Pandemie lässt die Welt nicht zur Ruhe kommen. Während Politiker und Virologen hierzulande über die Gefahren einer „zweiten Welle“ spekulieren – und hierfür die steigenden Infektionszahlen anführen – und während die Infektion des US-Präsidenten Trump weltweit für Furore sorgt, geraten zunehmend auch die Nebenfolgen der Anti-Corona-Maßnahmen in das öffentliche Blickfeld. 

Hatten Medien wie die Preußische Allgemeine Zeitung schon im Sommer (etwa in einem Interview mit dem Generationenforscher Bernd Raffelhüschen) darauf verwiesen, dass die Fokussierung auf die Eindämmung der Corona-Ausbreitung negative Begleiteffekte auf verschiedensten Gebieten erzeugen wird, entdecken nun auch Leitmedien diese „Kollateralschäden“. So zeigten die ARD-„Tagesthemen“ vom Montag nicht nur Beispiele für die Folgen der Isolation vor allem älterer Menschen, die monatelang – zum Teil bis heute – von Angehörigen und Freunden getrennt sind, sondern sie präsentierten auch die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien, die einen dramatischen Anstieg an Depressionen dokumentieren. 

Der Berliner Rechtsmediziner und Bestseller-Autor Michael Tsokos berichtete in der „NDR Talk Show“ ebenfalls von Menschen, die der Corona-Krise zum Opfer fielen, obwohl sie gar nicht mit dem Virus infiziert sind. „Wir haben“, so der Forensiker, „allein in der letzten Woche mehrfach Menschen obduziert, die seit dem Lockdown nie wieder aus ihrer Wohnung raus sind.“ Bereits längere Zeit hätten diese in ihren Wohnungen gelegen, „mit Gasmasken und Astronauten-Nahrung vorbereitet“ und „keiner hat sie vermisst“. Dieses Phänomen zeige sich laut Tsokos aktuell immer wieder. Viele Patienten seien zudem nicht ins Krankenhaus gegangen, weil sie aufgrund der Drohszenarien in Politik und Medien Angst hatten, auf die Straße zu gehen. 

Auch die „New York Times“ berichtete jüngst über bisher unbeachtete Nebenwirkungen der Fokussierung auf die Bekämpfung der Corona-Pandemie: die erhebliche Zunahme anderer Infektionskrankheiten wie AIDS, Malaria und Tuberkulose. Die bevorzugte Bereithaltung von Krankenhauskapazitäten für Corona-Patienten und der Umstand, dass in vielen Ländern harte Lockdown-Bestimmungen den Besuch von Arztpraxen und Krankenhäusern erschwerten, führe zu dramatischen Folgen bei diesen und weiteren Krankheiten. So schätzt die „Times“, dass drei Monate Lockdown weltweit zu jeweils zusätzlichen 500.000 HIV-Toten, 385.000 Malaria-Toten und 1,4 Millionen Tuberkulose-Toten führen. 

Angesichts dieser und weiterer Beispiele (über das langsame Aussterben der Zentren großer Metropolen infolge der Corona-Pandemie hatte die PAZ gerade erst berichtet) ist es höchste Zeit, dass die Verantwortlichen in Politik und Gesundheitswesen ihre bisherige Praxis des Vorrangs der Eindämmung des Coronavirus überdenken. Zumal selbst die Länder mit dem härtesten Lockdown nicht verhindern konnten, dass das Virus nach jeder Lockerung umgehend zurückkam. 

Solange es keinen Wirkstoff gegen das Virus gibt, müssen wir lernen, damit zu leben. Die Regeln der allgemeinen Hygiene und des Abstandhaltens bieten immerhin geringe Möglichkeiten zur Eindämmung des Virus (nicht ohne Grund war der Reproduktionsfaktor bereits vor Verhängung des Lockdowns im März unter 1 gesunken). Künftige Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung dürfen keineswegs nur mit Virologen und Epidemiologen abgestimmt werden, sondern auch mit Experten aus Bereichen wie der Pflege, der Psychiatrie und der Volkswirtschaft. 

Dass Deutschland bis dato vergleichsweise gut durch die Pandemie kommt, liegt wesentlich an der Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitswesens. Dieses ist jedoch das Produkt einer gesunden Volkswirtschaft. Was nützt es, wenn wir in ein paar Monaten die Infektionszahlen gesenkt haben sollten, wenn parallel tausende Betriebe pleite sind, das öffentliche Leben erloschen ist – und unzählige Menschen sich das Leben genommen haben?