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09.10.20 / Bevölkerungsentwicklung Die Weltbevölkerung wird wachsen. Darüber herrscht weitgehender Konsens. Wie stark sie wachsen wird und vor allem was das für die Welt bedeutet, ist hingegen umstritten / Katastrophe oder kein Problem? / Die Weltbevölkerung wird zum Jahrhundertwechsel auf neun bis über 20 Milliarden Menschen geschätzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41 vom 09. Oktober 2020

Bevölkerungsentwicklung Die Weltbevölkerung wird wachsen. Darüber herrscht weitgehender Konsens. Wie stark sie wachsen wird und vor allem was das für die Welt bedeutet, ist hingegen umstritten
Katastrophe oder kein Problem?
Die Weltbevölkerung wird zum Jahrhundertwechsel auf neun bis über 20 Milliarden Menschen geschätzt
Wolfgang Kaufmann

Droht unserem Planeten eine katastrophale Bevölkerungsexplosion? Ja, sagte der britische Nationalökonom Thomas Robert Malthus schon 1798. Und die Entwicklung der letzten Jahrzehnte scheint ihm einigermaßen Recht zu geben. Laut einer Aufstellung der Population Division (Abteilung für Bevölkerungsfragen) des Department of Economic and Social Affairs (DESA, Hauptabteilung für Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten) der Vereinten Nationen vom vorigen Jahr stieg die Zahl der Erdenbewohner zwischen 1950 und 2019 von 2,54 Milliarden auf 7,71 Milliarden.

Aktuell werden in jeder Sekunde mehr als vier Menschen geboren, während gleichzeitig aber nur zwei sterben. Das ergibt einen täglichen „Überschuss“ von reichlich 227.000 Individuen. Und innerhalb von zwölf Monaten wächst die Weltbevölkerung so um etwa 83 Millionen. 

Allerdings ist fraglich, inwieweit dieser Trend noch anhält. Hierzu gibt es verschiedene Prognosen, von denen eine als besonders fundiert gilt. Sie stammt vom erwähnten DESA, das unter der Leitung des Mannheimer Geographen Frank 

Swiaczny steht, und trägt den Titel „World Population Prospects 2019“ (Aussichten für die Weltbevölkerung 2019). Laut dieser Prognose soll die Zahl der Menschen auf der Erde bis 2100 auf 9,42 bis 12,66 Milliarden steigen.

„Platz für eine Billion Menschen“

Bei ihrer Vorhersage gingen die UN-Experten indes vom spürbaren Absinken der sogenannten zusammengefassten Fruchtbarkeitsziffer oder Fertilitätsrate (Total Fertility Rate, TFR) aus. Diese besagt, wie viele Kinder Frauen durchschnittlich im Laufe ihres Lebens bekommen, wobei eine Rate von etwa 2,1 nötig ist, um die Bevölkerungszahl konstant zu halten. Derzeit liegt der Wert in vielen Ländern der Welt aber deutlich höher. Spitzenreiter sind hier laut dem frei zugänglichen „World Factbook“ des US-Geheimdienstes CIA die Länder Niger, Burundi und Mali mit Raten von 5,95 bis 6,62. Währenddessen kommen die Schlusslichter Taiwan, Macau und Singapur auf gerade einmal zwischen 0,82 und 1,12. Für den Fall, dass sich die momentane globale Durchschnitts-TFR nicht durch Maßnahmen zur Geburtenkontrolle verringert und der medizinische Fortschritt zudem für ein häufigeres Überleben der geborenen Kinder sorgt, errechneten die Bevölkerungsstatistiker der UN, dass 2100 sogar 21,6 Milliarden Menschen auf der Erde leben könnten. 

Unter diesen Umständen würde der Anstieg in Afrika am dramatischsten ausfallen, nämlich von derzeit 1,31 Milliarden auf 12,68 Milliarden. Zuwächse gäbe es bei einer gleichbleibenden TFR aber auch in Asien von 4,60 auf 6,87 Milliarden, Lateinamerika von 648 auf 907 Millionen und Nordamerika von 369 auf 479 Millionen. Dahingegen käme auf Europa bei der derzeitigen TFR ein Bevölkerungsrückgang von 747 auf 596 Millionen zu.

Unabhängig davon, ob nach Ablauf der nächsten acht Jahrzehnte nun mehr als neun Milliarden oder vielleicht sogar über 20 Milliarden Menschen auf der Erde leben werden, sind die Folgen der zu erwartenden Zuwächse stark umstritten. Manche Fachleute prognostizieren eine humanitäre Katastrophe durch Mangel an Ernährungsmöglichkeiten und Lebensraum. Andere schätzen die Belastungsfähigkeit der Ökosysteme unseres Planeten sehr viel optimistischer ein. Besonders gewagt fiel in diesem Zusammenhang die Wortmeldung des italienischen Systemanalytikers und Physikers Cesare Marchetti aus. Der schrieb 1979, auf der Erde sei Platz für eine Billion Menschen.





Kurzporträts

Der englische Nationalökonom Thomas Robert Malthus warnte schon 1798 in seinem „Essay on the Principle of Population“ vor einer Überbevölkerung

Frank Swiaczny leitet seit 2017 die Population Division des Department of Economic and Social Affairs (DESA) der Vereinten Nationen in New York

Moussa Faki ist seit 2017 Vorsitzender der Kommission der Afrikanischen Union. Er war vorher Premierminister und Außenminister des Tschad