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09.10.20 / Corona in Frankreich / Marseille ist tot / Mini-Lockdown legt die Metropole am Mittelmeer lahm – Macron setzte sich gegen Lokalpolitiker durch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41 vom 09. Oktober 2020

Corona in Frankreich
Marseille ist tot
Mini-Lockdown legt die Metropole am Mittelmeer lahm – Macron setzte sich gegen Lokalpolitiker durch
Eva-Maria Michels

Am 24. September verhängte der Präfekt des Département Bouche du RhÔne, Christophe Mirmand, im Auftrag der Pariser Zentralregierung einen Mini-Lockdown über den Großraum Marseille-Aix la Provence. Damit reagierte er auf die von der regionalen Zweigstelle des staatlichen Gesundheitsamts Agence Regionale de Santé (ARS PACA) gelieferten Zahlen zu positiven Coronavirus-Testungen. 

Von der Maßnahme sind ausschließlich Gastronomiebetriebe sowie Fitnessstudios und Sportvereine betroffen. Ursprünglich sollten diese Branchen am Freitag, dem 25. September, ab 22 Uhr für 14 Tage schließen, doch nach starken Protesten sowohl der betroffenen Unternehmer als auch der Lokalpolitiker gewährte der Präfekt einen zweitägigen Aufschub bis zum Sonntag.

In Marseille und Umgebung dominieren Unverständnis, Wut und Ohnmacht angesichts der Lage. Die Bürger haben das Gefühl, dass die Pariser Regierung die Stadt dafür bestraft, dass sie seit der Covid-Epidemie im Frühjahr geschlossen hinter dem weltweit führenden Infektiologen Didier Raoult vom Forschungsinstitut IHU Marseille-Mediterrané Infection steht. 

Raoult hatte das lebensrettende Hydroxychloroquin-Azithromcin-Protokoll gegen Covid-19 aufgesetzt, das aber von der Regierung Macron mithilfe des von ihr eingesetzten Wissenschaftsrates, von dem neun seiner zehn Mitglieder Verbindungen zum US-amerikanischen Remdesivir-Labor Gilead haben, mit allen Mitteln bekämpft wird.

Von links bis rechts geeint

Die Marseiller Lokalpolitiker, angefangen von der linksextremen Bürgermeisterin Michèle Rubirola bis hin zum bürgerlichen Départementpräsidenten Renaud Muselier sind ebenfalls empört über die Zwangsmaßnahmen von oben. Ihnen ist gemeinsam, dass sie völlig übergangen und vor vollendete Tatsachen gestellt wurden.

Nach lautstarken Protesten der Gas-tronomen und ihrer Ankündigung, sich der Zwangsschließung zu widersetzen, und nachdem die Zweite stellvertretende Bürgermeisterin, die Sozialistin Samia Ghali, versichert hatte, dass die Stadtpolizei keine Bußgelder für geöffnete Betriebe verteilen werde, und Département-Präsident Muselier gemeinsam mit den Gastronomieverbänden beim Verwaltungsgericht Klage gegen das Dekret eingereicht hatte, gewährte Paris Marseille eine aufschiebende Frist von zwei Tagen.

Doch seit Beginn der Frist ist Marseille tot. Die Gastronomen und ihre Zulieferer blockierten zwar aus Protest am Montagmorgen vorübergehend einen wichtigen mautpflichtigen Autobahntunnel, aber letztlich widersetzen sie sich nicht aktiv dem Schließungsdekret. Jeder hat Angst, dass sein Betrieb derjenige sein wird, an dem der Staat durch eine horrende Strafe ein Exempel statuiert. Schnellrestaurants wie McDonalds und Burger King, sowie die Betriebs- und Schulkantinen, die von multinationalen Konzernen wie Sodexo betrieben werden, sind dagegen von der Zwangsschließung ausgenommen. 

Beim Sport gibt es die gleichen Widersprüche: Schulen und die außerschulische Kinderbetreuung sowie Leistungssportler dürfen weiterhin Sporthallen benutzen, Vereinssport für Erwachsene dagegen ist aus sanitären Gründen verboten.

Manipulierte Zahlen vorgelegt

Ein Verwaltungsgericht bestätigte schließlich die Rechtmäßigkeit der willkürlichen Regierungsmaßnahmen mit dem Argument des Vorsichtsgebots. Doch bei einer genauen Betrachtung der Daten aus Marseille sieht man, dass die staatliche ARS PACA dem Verwaltungsgericht retuschierte Zahlen vorlegte, die in Marseille eine höhere Positivrate bei den über 65-jährigen vorgaben, als es wohl in Wirklichkeit der Fall war. 

Insgesamt wiesen die Testdaten für Marseille und das Departement Bouche du Rhône bereits seit Mitte September, also eine Woche vor Verhängung des Mini-Lockdowns, nach unten. Doch diese Fakten entkräftete die stellvertretende Sportministerin Roxana Maracineanu am 28. September auf dem Hörfunksender Europe 1 mit der Aussage: „Die Entscheidungen werden heute nicht auf der Basis einer Realität getroffen, die besagt, dass das Virus grassiert – wir wissen überhaupt nicht, wie es sich überträgt –, sondern um zu sagen, dass ihr weiterhin im Privaten diszipliniert sein müsst, so wie ihr es aufgrund der sozialen Kontrolle bei der Arbeit und auf der Straße seid.“

Unter dem Druck des Vergleichs der Positivtestungen zwischen Paris und Marseille verkürzte Gesundheitsminister Véran die Restaurantschließungen für Marseille. Seit diesem Montag dürfen die Restaurants nun wieder öffnen unter der Bedingung, anderthalb Meter Abstand zwischen den Tischen sicherzustellen und die Kontaktdaten der Gäste zu sammeln. Die Bars dagegen müssen offiziell ihren Getränkeausschank geschlossen halten, dürfen aber weiterhin Tabak und Lottoscheine verkaufen.