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09.10.20 / Kernkraft / Energiereicher Müll / Dual-Fluid-Reaktoren nutzen Atom-Abfall: Der neue Streit um ein Atommüll-Endlager erscheint da nahezu überflüssig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41 vom 09. Oktober 2020

Kernkraft
Energiereicher Müll
Dual-Fluid-Reaktoren nutzen Atom-Abfall: Der neue Streit um ein Atommüll-Endlager erscheint da nahezu überflüssig
Norman Hanert

Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hat ihren ersten Zwischenbericht zur Suche nach einem Atommüll-Endlager vorgelegt. Demnach sind nach den geologischen Kriterien 54 Prozent der Fläche der Bundesrepublik für ein solches Lager geeignet. Doch erst 2031 soll eine Entscheidung über den Standort fallen, über den dann der Bundestag abstimmt. 

„Es geht um 1900 Castorbehälter. Einer davon ist etwa sechs Meter hoch und hat einen Durchmesser von ungefähr drei Metern“, beschreibt BGE-Geschäftsführer Steffen Kanitz den Raumbedarf des Projekts. Der Streit um den möglichen Standort ist bereits entbrannt. Dabei könnte er deutlich entschärft werden, denn der Abfall, der ab 2050 tief in der Erde gelagert werden soll, besteht aus Material, in dem zum Teil noch immer mehr als 90 Prozent des Energiepotenzials von frischen Brennstäben steckt. Bauartbedingt bleibt in den weltweit am weitesten verbreiteten Leichtwasserreaktoren ein Großteil des Urans, das nicht spaltbare Uran-238, ungenutzt.

Bereits seit Jahrzehnten wird an Konzepten für sogenannte Schnelle Reaktoren gearbeitet, die einen wesentlich höheren Wirkungsgrad als Leichtwasserreaktoren haben, zugleich sicherer sind und obendrein den Atommüll reduzieren. Anders als bei den Leichtwasserreaktoren arbeiten diese Reaktoren mit schnellen energiereichen Neutronen. Dadurch lässt sich Uran-238 als Brennstoff nutzen, das in der Natur und in der Form „abgebrannter“ Brennelemente herkömmlicher Kernkraftwerke reichlich vorhanden ist. 

Strahlung wird massiv verringert

Je nach Auslegung verbrennen diese Reaktoren Plutonium aus abgerüsteten Atomwaffen, oder sie produzieren als „Schnelle Brüter“ aus Uran-238 neuen Brennstoff. Insgesamt sind die Schnellen Reaktoren in der Lage, Natur-Uran etwa 60 Mal besser auszunutzen als die herkömmlichen Leichtwasserreaktoren. Während Deutschland und Frankreich die Entwicklung Schneller Reaktoren gestoppt haben, wurde in Russland die Technik über Jahrzehnte weiterentwickelt. 50 Kilometer von Jekaterinburg entfernt, läuft in Bjelojarsk bereits seit 1980 ein Block mit einer Leistung von 600 Megawatt. Im Jahr 2015 ging ein weiterer Block in Betrieb, der mit 800 Megawatt der derzeit leistungsstärkste Schnelle Reaktor der Welt ist. 

Auch aus Australien wurden 2015 Pläne zum Bau solcher Anlagen bekannt. Diese sollen das Land mit Strom versorgen und obendrein Milliarden erlösen, indem anderen Ländern Atommüll abgenommen wird. Beim australischen Projekt könnte GE Hitachi Nuclear Energy zum Zuge kommen. Das amerikanisch-japanische Unternehmen hat eine Variante eines Schnellen Reaktors entwickelt, der als Prisma-Reaktor bezeichnet wird. 

Trotz Atomausstieg wird auch in Deutschland weiterhin an der Weiterentwicklung von Reaktoren geforscht. In Berlin etwa hat das private Institut für Festkörper-Kernphysik (IFK) ein Konzept für einen Dual-Fluid-Reaktor mit extrem hohem Wirkungsgrad entwickelt. Auch dieser Reaktor mit flüssigem Brennstoff soll mit Atommüll gefüttert werden. Beim Betrieb des Dual-Fluid-Reaktors sollen lediglich Spaltprodukte übrig bleiben, die innerhalb von 300 Jahren auf eine Strahlung (Radiotoxizität) unterhalb von natürlichem Uran abklingen.