24.04.2024

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16.10.20 / Großbritannien / Briten entdecken Deutschland als Vorbild / „Germany’s Kurzarbeit“ – Der Wortschatz des Brexit-Landes ist um einen neuen Begriff reicher

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42 vom 16. Oktober 2020

Großbritannien
Briten entdecken Deutschland als Vorbild
„Germany’s Kurzarbeit“ – Der Wortschatz des Brexit-Landes ist um einen neuen Begriff reicher
Norman Hanert

Nachdem „Kindergarten“, „Zeitgeist“ oder „Weltschmerz“ Einzug in das Vokabular der Briten gefunden haben, kommt nun ein neuer Begriff hinzu: „Germany’s Kurzarbeit“. Um die Folgen der Corona-Pandemie für den Arbeitsmarkt abzufedern, hatte Schatzkanzler Rishi Sunak bereits im März ein Modell auf den Weg gebracht, bei dem Unternehmen während der Krise Angestellte weiter in Arbeitsverträgen halten können, indem der Staat – wie in Deutschland – vorübergehend einen Großteil der Gehälter übernimmt. 

Bei der Präsentation des Plans gebrauchte Sunak den etwas angestaubten Begriff „furlough“ (Freistellung, Zwangsurlaub) beziehungsweise die offizielle Bezeichnung „Coronavirus Job Retention Scheme“. Inzwischen hat Sunak eine Nachfolgelösung für die bisherige, am 

31. Oktober auslaufende Kurzarbeitergeldregelung vorgestellt. Auch hier weisen Zeitungen wie der „Guardian“ darauf hin, dass es sich dabei um ein „Lohnersatzkonzept in deutschem Stil“ handelt.

Dass britische Medien und Politiker Deutschland als Vergleichsmaßstab heranziehen und sich für deutsche Lösungen interessieren, ist kein Einzelfall. Der Publizist John Kampfer findet mit seinem Buch „Warum die Deutschen es besser machen“ in Großbritannien derzeit viel Beachtung. 

Bei seinen Beobachtungen preist der frühere Deutschland-Korrespondent Dinge an wie die kleinen und mittelständischen Firmen, die lebendige Kulturszene und auch das dezentrale deutsche System, das Dutzende gleichrangige Städte statt nur einer Metropole hervorgebracht hat. Und in der „Financial Times“ schlug der Politikwissenschaftler Antony Black vor, sich zwei weitere deutsche Lösungsansätze anzusehen: die Arbeitnehmermitbestimmung bei großen Firmen und das Verhältniswahlrecht.

Duales Bildungssystem als Import

Bereits im Juli hatte Bildungsminister Gavin Williamson, ein „Bildungssystem von Weltklasse nach deutschem Vorbild“ angekündigt. Im Blick hat der Tory-Politiker dabei das „duale System“ der Berufsausbildung, in dem Auszubildende parallel in Schule und Betrieb lernen. Auf einem Parteitag der Konservativen Partei gab Williamson vor einem Jahr sogar das Ziel aus, Deutschland im Bereich der technischen Ausbildung in den nächsten zehn Jahren überholen zu wollen. 

Gesundheitsminister Matt Hancock kündigte vor Kurzem zudem die Gründung einer neuen Gesundheitsbehörde an. Vorbild ist dabei das Berliner Robert-Koch-Institut. Bereits im September hat ein Schlagabtausch zwischen Premier Boris Johnson und dem Labour-Vorsitzenden Keir Starmer für Aufsehen gesorgt. Als Reaktion auf Kritik an seiner Corona-Politik hatte Johnson den Oppositionsführer im britischen Parlament aufgefordert, „ein einziges Land in der Welt zu nennen, das eine funktionierende Warn-App herausgebracht hat. Die gibt es nämlich nicht“. Wie aus der Pistole geschossen antwortete der Labour-Chef: „Deutschland. Läuft seit dem 15. Juni. Zwölf Millionen Downloads.“ Wobei er mit der unzuverlässigen App ein eher schlechtes Beispiel gewählt hat.