19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
16.10.20 / Lebensversicherungen / Das Ende der Bestandsgarantie / Ab 2021 will die Allianz ihren Kunden nicht mehr den vollen Erhalt ihrer eingezahlten Beiträge zusichern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42 vom 16. Oktober 2020

Lebensversicherungen
Das Ende der Bestandsgarantie
Ab 2021 will die Allianz ihren Kunden nicht mehr den vollen Erhalt ihrer eingezahlten Beiträge zusichern
Peter Entinger

Lange Zeit galt sie als die sichere Kapitalanlage für das Alter: die private Lebensversicherung. Nun plant Deutschlands größter Lebensversicherer den Tabubruch. Die Allianz Leben will ihren Kunden vom kommenden Jahr an nicht mehr den 100-prozentigen Erhalt ihrer eingezahlten Beiträge garantieren. Ab Anfang 2021 soll bei Neuverträgen des Vorsorgeprodukts „Perspektive“ standardmäßig nur noch eine Garantie von mindestens 90 Prozent der eingezahlten Beiträge angeboten werden statt der bisherigen 100. Das teilte das Unternehmen mit. „In Umfragen haben uns zwei Drittel unserer Kunden gesagt, dass es für sie keine 100-prozentige Garantie mehr sein muss, wenn dafür die Renditechancen steigen“, begründet Volker Priebe, Vorstand bei Allianz Leben, gegenüber dem „Handelsblatt“ diesen Schritt.

Folge der EZB-Niedrigzinspolitik

Wie das Unternehmen weiter mitteilte, haben schon jetzt Angebote mit neuen Garantien und Risikoprodukte mittlerweile einen Anteil von 93 Prozent am Neugeschäft. Verantwortlich dafür ist die seit Jahren herrschende Niedrigzinspolitik. Die klassische Lebensversicherung mit einem Garantiezins gilt in der Branche bereits seit Längerem als Auslaufmodell. Viele Anbieter drängen Neukunden wegen des niedrigen Garantiezinses von 0,9 Prozent bereits jetzt zu Produkten ohne Garantiezins, die dafür flexibler in der Anlagestrategie sind und so eine höhere Rendite versprechen. Ein Beispiel: Für das laufende Jahr bietet die Allianz beispielsweise bei klassischen Produkten eine Gesamtverzinsung von 3,1 Prozent, allerdings mit Risikobeteiligung. 

Für die Kunden könnte daraus ein Flickenteppich entstehen, der schwer zu durchschauen ist. Dorothea Mohn von der Dachorganisation Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) sieht das bisherige Modell bereits als gescheitert an: „Lebensversicherungen zu diesen Konditionen sind endgültig nicht mehr zu empfehlen. Verbraucher sollten solche Verträge nicht abschließen“, erklärte sie gegenüber der „Bild“-Zeitung. Laut einer repräsentativen VZBV-Umfrage würde die Mehrheit der befragten Bundesbürger gern mehr privat fürs Alter vorsorgen. Sie tut es aber nicht, weil sie den Angeboten am Markt misstraut.

„Die deutsche Alterssicherung ist ein Sanierungsfall, dessen Sollbruchstellen durch die Corona-Krise abermals sichtbar geworden sind. Die gesetzliche Rente wurde per Reformen geschwächt. Und das Experiment, die private Altersvorsorge in die Hände der Finanz- und Versicherungswirtschaft zu legen, ist gescheitert“, glaubt Mohn. Sie sieht den Gesetzgeber gefordert. 

Dem widerspricht Allianz-Chef Andreas Wimmer. „Die überwältigende Mehrheit der Kunden ist bereit, in der Niedrigzinsphase für höhere Renditen auf einen Teil der Garantien zu verzichten“, erklärte er. Von staatlichen Regulierungen hält er nichts. „Das muss man dem Einzelnen überlassen.“