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23.10.20 / Parteien / Rätselraten um Pläne von Marcel Luthe / Der profilierte Innenpolitiker hat die Berliner FDP verlassen – Wohin wird er sich wenden?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43 vom 23. Oktober 2020

Parteien
Rätselraten um Pläne von Marcel Luthe
Der profilierte Innenpolitiker hat die Berliner FDP verlassen – Wohin wird er sich wenden?
Frank Bücker

Im Juli schloss die FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus ihren bisherigen innenpolitischen Sprecher Marcel Luthe aus. Nun ist Luthe auch aus der Partei ausgetreten. Die Ursache für diesen Krach dürfte – trotz gegenteiliger Beteuerungen beider Seiten – nicht in inhaltlichen, sondern in machtpolitischen Erwägungen zu suchen sein. 

Luthe ist populär. Das erfolgreiche Volksbegehren zur Erhaltung des Flughafens Tegel soll auf ihn zurückgehen. Der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja sprach indes von einem „zerrütteten Vertrauensverhältnis“, ohne nähere Einzelheiten zu benennen. Czaja selbst soll den Ausschluss von Luthe als Machtprobe verstanden haben, heißt es aus Parteikreisen. Jahre zuvor – 2005 – hatte Czaja die CDU verlassen. Nach einem Machtkampf mit seinem Bruder, Mario Czaja, im Kreisverband Marzahn Hellersdorf wechselte er von der Union zur FDP. Landeschef und eigentlicher Machthaber der Berliner Liberalen ist der Bundestagsabgeordnete Christoph Meyer. Czaja selbst ist nicht einmal Mitglied des Landesvorstands. 

Luthe erklärte, er wolle weiter politisch tätig sein. Da er eher am rechten Flügel seiner Partei angesiedelt ist, kommt für ihn die SPD wohl nicht in Frage. SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber mag ihn trotzdem. Er schätze das „Stöhnen der Verwaltung“ über Luthes Dauerfragerei. Er habe dem CDU-Fraktionschef und innenpolitischen Sprecher Burkard Dregger „die Butter vom Brot genommen“. Dieses Lob ist aber wenig wert, weil Schreiber in der eigenen Fraktion eher isoliert ist. 

Bei der Linkspartei hat Luthe keine Freunde. Im Gegenteil: In einer Parlamentsdebatte warf er der Ex-SED Extremismus vor, und auch den Grünen machte er entsprechende Vorhaltungen. 

Freie Wähler oder doch die AfD?

Nun wird in Berlin heftig darüber spekuliert, für welche Partei sich Luthe entscheiden könnte. Er kommt nicht mit leeren Händen. Der profilierte Innenpolitiker hatte bei der Abgeordnetenhauswahl 2016 in seinem Wahlkreis in Grunewald das mit Abstand beste Ergebnis aller FDP-Kandidaten bei den Erst- und Zweitstimmen geholt. Gelegentlich ist zu hören, Luthe strebe zu den Freien Wählern, die in Brandenburg und Bayern den Sprung in den Landtag geschafft haben. Ein ähnlicher Erfolg ist in Berlin allerdings unwahrscheinlich. Und in der CDU sind die „goldenen Zeiten“ einer zahlenmäßig üppigen Fraktion vorbei. Gerade im Westteil der Stadt treten sich viele Bewerber gegenseitig auf die Füße. Ein weiterer Konkurrent um die rar gewordenen Posten wäre kaum willkommen.

Bliebe nur noch die AfD. Aus gut informierten Kreisen wird jedoch kolportiert, da Luthe in Sachen Antisemitismus sehr stringente Auffassungen vertrete, sei die AfD keine Option, solange der Machtkampf in der Partei zwischen dem formal nicht existierenden „Flügel“ und den liberal gesinnten Protagonisten nicht entschieden sei. Immerhin würde Luthe bei der AfD auf seinen früheren Parteifreund Ronald Gläser treffen, der dort stellvertretender Fraktionsvorsitzender ist. Egal, für wen sich Luthe entscheiden sollte – er wäre für jede bürgerliche Partei ein Gewinn. Und die Berliner FDP, die ohnehin in den Umfragen nur zwischen fünf und sechs Prozent liegt, könnte am Ende das Nachsehen haben.