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23.10.20 / Tiergarten / West-Berlins sowjetisches Ehrenmal

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43 vom 23. Oktober 2020

Tiergarten
West-Berlins sowjetisches Ehrenmal
Manuel Ruoff

Etwa 80.000 Rotarmisten sind bei der Schlacht um Berlin gefallen. An sie erinnern in der deutschen Hauptstadt die sowjetischen Ehrenmale im Treptower Park, der Schönholzer Heide, dem Bucher Schlosspark und dem Tiergarten. Letzteres nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als es sich nicht in Ost-, sondern West-Berlin befindet beziehungsweise befand. Der Standort ist wohl überlegt. Er liegt unweit des Reichstages, der trotz der geringen Bedeutung des Parlamentes im nationalsozialistischen Regierungssystem den Sowjets als Zentrum des Deutschen Reiches galt. Und an der Ost-West-Achse, der heutigen Straße des 17. Juni, der früheren Charlottenburger Straße. Wie ein Riegel wurde das Ehrenmal quer zu der einstigen triumphalen Nord-Süd-Achse, der Siegesallee, errichtet. 

Wie die drei anderen sowjetischen Ehrenmale ist es nicht nur als stalinistisches Siegeszeichen, sondern auch als Kriegsgräberstätte konzipiert. Unter der zum Ehrenmal gehörenden Rasenfläche liegen die sterblichen Überreste von 2000 bis 2500 gefallenen Sowjetsoldaten, die zu großen Teilen bei der Eroberung des Reichstages gefallen sind.

Von den vier Ehrenmalen ist das im Tiergarten das älteste. Bereits gut sieben Monate nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht erfolgte am 11. November 1945 die Einweihung mit einer alliierten Militärparade. Die einzige Ansprache hielt der sowjetische Generalleutnant Konstantin Telegin, der für die Wahl des Standortes und die Einleitung der Baumaßnahmen verantwortlich gewesen sein soll. Die Sowjetarmee war prominent vertreten. Der Oberbefehlshaber der Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland und Oberste Chef der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD), Marschall Georgij Schukow, ließ es sich nicht nehmen, persönlich dabei zu sein. Die anderen Besatzungsmächte begnügten sich mit der zweiten Garde, woraus man auf den beginnenden Kalten Krieg schließen mag. 

Wie so vieles im Stalinismus erfolgte auch die Errichtung dieser ungefähr 27.000 Quadratmeter umfassenden Anlage überstürzt und unter Zeitdruck. So waren bei der Einweihung nicht nur die gärtnerischen Arbeiten noch lange nicht abgeschlossen, es fehlte sogar noch das zentrale Element der Anlage, die acht Meter hohe Bronzeplastik eines Rotarmisten mit geschultertem Gewehr. Erst im Frühjahr 1946 konnte die bei der Gießerei Hermann Noack in Friedenau gegossene Figur auf dem Mittelpfeiler der Anlage platziert werden. Bei der Einweihungsfeier vor 75 Jahren hat deshalb noch eine bronzierte Gipsfigur als Provisorium herhalten müssen.