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30.10.20 / Corona / Deutschland und Europa vor einem stürmischen Herbst / Immer dramatischer zeichnet sich ab, dass nicht nur die steigenden Infektionszahlen unsere Gesellschaft bedrohen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44 vom 30. Oktober 2020

Corona
Deutschland und Europa vor einem stürmischen Herbst
Immer dramatischer zeichnet sich ab, dass nicht nur die steigenden Infektionszahlen unsere Gesellschaft bedrohen
René Nehring

Stehen Deutschland und Europa vor einem Staatsnotstand? Die Berichte über dramatisch nach oben schießende Corona-Infektionszahlen hierzulande sowie über abermalige Lockdown-Maßnahmen wie Ausgangssperren in den europäischen Nachbarländern lassen dies befürchten. Neben alten „Corona-Hotspots“ wie Spanien und Italien entwickeln sich nun auch Länder wie Belgien oder Tschechien zu Schwerpunktgebieten der Pandemie.  

Auch in Deutschland wird angesichts des Infektionsgeschehens längst wieder von einem neuen „Herunterfahren“ des öffentlichen Lebens gesprochen, wenngleich derzeit noch mit dem Hinweis versehen, dass dies niemand will. Allerdings kündigte das Kanzleramt am Montag das Vorziehen einer geplanten Krisensitzung mit den Ministerpräsidenten auf den Mittwoch an (die Ergebnisse lagen bei Drucklegung dieser Ausgabe noch nicht vor). 

Doch schon vor dieser Sitzung zeichnet sich ab, dass Herbst und Winter 20/21 alles andere als beschaulich verlaufen werden. Nach der Absage des Karnevals- und Faschingsauftakts geraten nun Advent und Weihnachten ins Visier. Städte wie Aachen, Duisburg und Karlsruhe haben ihre diesjährigen Weihnachtsmärkte bereits abgesagt, in Orten wie Frankfurt am Main ist die Absage so gut wie sicher. Für das Fest selbst gibt es noch keine Beschlüsse, doch schlug der Pflegebeauftragte der Bundesregierung Andreas Westerfellhaus dieser Tage für Weihnachten schonmal ein „Schichtsystem“ vor, bei dem die Familienbesuche gestaffelt erfolgen könnten: „Man kann auch mal am 28. Dezember oder sogar noch später Bescherung machen“, so Westerfellhaus.  

Parallel dazu kam freilich der Epidemiologe John Ioannidis von der Stanford University in einer Studie für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu der Erkenntnis, dass die Sterblichkeit durch Covid-19 vermutlich deutlich geringer ist als zu Beginn angenommen. 

Nebenwirkungen der Therapie

Um so deutlicher treten inzwischen die Nebenwirkungen der bisherigen Therapie gegen das Coronavirus zutage. In Italien kam es zu Krawallen bei Demonstrationen von Arbeitern, die nicht mehr wissen, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen. In Österreich gehen Wirtschaftsvertreter davon aus, „dass die kommende Ski-Saison bereits gelaufen ist“. Weltweit stoßen Fluggesellschaften Flugzeuge ab, weil sie davon ausgehen, diese nicht mehr zu brauchen. Über die langsame Verwandlung vormals blühender Metropolen in Geisterstädte hat die PAZ bereits berichtet. Und in Berlin rief die Veranstaltungs-, Gastronomie- und Tourismuswirtschaft für Mittwoch dieser Woche zu einer Großdemonstration auf, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen. 

In all diesen Fällen handelt es sich nicht um „Corona-Leugner“ oder „Covidioten“, als die manch Politiker die Kritiker der Corona-Maßnahmen bis dato gern hingestellt hat, sondern um Menschen, die schlichtweg um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfen. 

Dass „Corona“ längst auch das politische Tagesgeschäft beeinflusst, zeigte in dieser Woche die CDU. Am Montag beschloss der Parteivorstand, den geplanten Parteitag zur Wahl eines neuen Vorsitzenden abermals zu verschieben. Prompt kritisierte Friedrich Merz, der in den Umfragen unter den Unionsanhängern vorn liegt und für einen digitalen Parteitag mit anschließender schriftlicher Vorstandswahl plädiert hatte, den Beschluss scharf und interpretierte ihn in aller Öffentlichkeit als „letzten Teil der Aktion ,Merz verhindern‘“ (siehe auch Seite 24).

In jedem Falle zeigt sich, dass nicht nur das Coronavirus die Gesundheit und das allgemeine Leben von Millionen Menschen bedroht, sondern auch die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. Es scheint, als wüssten die Verantwortlichen selbst nicht, wie sie aus der verworrenen Lage herauskommen sollen, und dass sie deshalb alle Hoffnung auf die schnellstmögliche Einführung eines Impfstoffes setzen. Nur könnte es sein, dass unser Land bis dahin längst ein anderes ist.