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30.10.20 / Parteipolitik / Berlins SPD-Protagisten versuchen eine Wende / Fraktionschef Saleh und die designierte Landeschefin Giffey wollen die Partei Richtung Mitte rücken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44 vom 30. Oktober 2020

Parteipolitik
Berlins SPD-Protagisten versuchen eine Wende
Fraktionschef Saleh und die designierte Landeschefin Giffey wollen die Partei Richtung Mitte rücken
Frank Bücker

Fast könnte man meinen, der Berliner SPD tue die Entscheidung, eine rot-rot-grüne Regierung zu bilden, leid. Jedenfalls äußern sich die beiden Protagonisten der Partei, Fraktionschef Raed Saleh und die designierte Parteivorsitzende Franziska Giffey, in einer Art und Weise, dass man denken könnte, die SPD trage für einige Entscheidungen der Landesregierung gar keine Verantwortung. 

Mietendeckel und Verkehrswende sollen laut einer Erklärung von Giffey und Saleh entschärft werden, der Mietendeckel nach fünf Jahren sogar ganz auslaufen. Giffey: „Wir entwickeln ein pragmatisches bürgernahes Programm. Das (der Mietendeckel) ist eine zeitlich begrenzte Maßnahme. Mit dem Mietendeckel gewinnen wir fünf Jahre, um das Angebot an Wohnungen zu vergrößern. Wir müssen diese Jahre nutzen, das ist eine der ganz großen Prioritäten.“ Die SPD fordert nun den Ausbau der U-Bahn entgegen den bisherigen Absprachen im rot-rot-grünen Senat: „Es ist die umweltfreundlichste Möglichkeit, die verkehrssicherste Möglichkeit, die pünktlichste Möglichkeit ...“

Strammlinkes Personal dahinter

Auch in Sachen des gewaltbereiten Berliner Linksextremismus sind ungewohnte Töne aus der SPD zu hören: „Wir müssen auch beim Linksextremismus eine klare und deutliche Sprache sprechen und Grenzen deutlich aufzeigen. Wer durch die Stadt marodiert, alles vollschmiert, Scheiben zertrümmert, Autos anzündet, Menschen verletzt, kann das nicht damit rechtfertigen, sich für faire Mieten oder bezahlbaren Wohnraum einzusetzen.“ Und nicht nur das: Die SPD gibt sich unter Giffey und Saleh sogar wirtschaftsfreundlich: „Unser Signal, unsere Botschaft an die Wirtschaft ist: Ihr seid uns herzlich willkommen.“ Giffeys und Salehs erster gemeinsamer Auftritt als Kandidaten-Duo absolvierten sie im BMW-Werk in Spandau. 

Selbst mit dem Krieg gegen Autofahrer soll für die Protagonisten der Hauptstadt-SPD Schluss sein. Beide wollen künftig die Ministerien Bauen und Wohnen mit Mobilität und Verkehr unter sozialdemokratischer Führung zusammenlegen. Die beiden bisherigen Ressorts werden zurzeit von der Linkspartei und den Grünen geführt. Giffey: „Das ist für uns ein Schlüsselressort.“ 

Haben beide aber auch die parteiinterne Macht, um die von ihnen propagierte Wende bei den Berliner Sozialdemokraten durchzupauken? Tatsächlich erlitt Giffey in ihrem eigenen Kreisverband gerade eine erneute Niederlage. Der von ihr favorisierte Bundestagswahlkreiskandidat Tim Renner wurde bei der Mitgliederbefragung ganz klar vom linksradikalen Bewerber Hakan Demir geschlagen. Bisher wurde der Wahlkreis vom SPD-Abgeordneten Fritz Felgentreu vertreten, der aber politisch im Kreisverband nicht mehr durchsetzbar war und auf eine Kandidatur verzichtete. Aus Kreisen der CDU Neukölln ist nun verhaltener Optimismus zu vernehmen. Man hofft darauf, diesen Wahlkreis wieder gewinnen zu können. 

Die von den beiden SPD-Galionsfiguren verkündete politische Wende hat ein ganz großes Problem: Glaubwürdigkeit. Denn hinter den beiden Aushängeschildern tummeln sich trotz aller Lippenbekenntnisse Personen und stramm linke politische Ansichten, die etwas ganz anderes aussagen.