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30.10.20 / Kommentare / Kein Musterweg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44 vom 30. Oktober 2020

Kommentare
Kein Musterweg
Peter Entinger

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie schlägt die Bundesregierung abermals eine verschärfte Gangart ein. Doch gerade das Abstandhalten kann erhebliche Nebenwirkungen haben, vor allem für ältere Menschen. Der Hamburger Zukunftsforscher Horst Opaschowski warnte kürzlich, die Pandemie könne zur „Epidemie der Einsamkeit“ werden. Vor allem in den Großstädten sei die Zahl derer ohne jegliche soziale Kontakte größer als man denke. 

Und nun erscheint Weihnachten bereits am Horizont. Auch wenn es aus christlicher Sicht nicht der wichtigste Feiertag ist, ist es für viele Deutsche nach wie vor das Familienfest schlechthin. Nun sollen Reisen aus privaten Gründen am besten ganz unterlassen werden, der Kreis der privat Feiernden so gering wie möglich gehalten werden. Vermutlich bei jedem Sohn oder Tochter, bei jedem Enkel schwingt die Sorge mit, die Liebsten mit einem womöglich tödlichen Virus zu infizieren. Spätestens hier stößt der Staat an seine Grenzen und muss die Verantwortung in die Hände seiner Bürger geben. Was bringt die Aussicht, die 95-jährige Uroma könne „Corona“ überleben, wenn sie ihre Enkel und Urenkel an Weihnachten nicht sieht, eventuell aber einsam und verlassen ein paar Tage später einschläft? Die vom Virologen Christian Drosten ins Gespräch gebrachte Eigen-Quarantäne könnte eine Lösung für jene sein, deren Arbeitgeber mitspielt. Doch das werden nicht alle tun. 

So bleibt am Ende eine bittere und doch einfache Erkenntnis: Jeder Mensch muss in diesen Zeiten sein persönliches Risiko und das seiner Angehörigen sorgsam abwägen. Einen Musterweg wird es nicht geben. Wie viel Risiko kann ich eingehen? Und wie viel Vorsicht kann ich walten lassen? Und: Nehme ich Wochen der Einsamkeit in Kauf, nur um in Sachen Corona auf der sicheren Seite zu sein? Kein Staat der Welt kann einem diese Entscheidung abnehmen. Sicher ist nur: Fröhliche und ruhige Weihnachten werden wohl nur wenige feiern können. Die Angst sitzt mit unter dem Weihnachtsbaum.