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06.11.20 / Weißer Berg / Der Kaiser besiegt den „Winterkönig“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45 vom 06. November 2020

Weißer Berg
Der Kaiser besiegt den „Winterkönig“
Erik Lommatzsch

„Die Entscheidungsschlacht am Weißen Berg bei Prag am 8. November 1620 war schon in zwei Stunden ausgekämpft; von diesen zwei Stunden hingen die nächsten 300 Jahre der böhmischen Geschichte ab“, so der Historiker Ferdinand Seibt. Beim Aufeinandertreffen von Truppen der böhmischen Stände und der Kaiserlichen, der katholischen Liga, vor 400 Jahren handelte es sich um die erste größere Schlacht des Dreißigjährigen Krieges.

Gegenüber der aus der Tiefe angreifenden Liga schienen die böhmischen Einheiten durch ihre Stellung auf dem Bergrücken zunächst deutlich im Vorteil zu sein. Dennoch erlitt ihr Befehlshaber, Christian I. von Anhalt, eine verheerende Niederlage. Militärische Fehler waren nur ein Grund. Es herrschte schon länger Disziplinlosigkeit, sodass „der Soldat mehr dem Freund als dem Feind Schaden that“. Zudem war „Mangel an Bezahlung“ zu verzeichnen.

Großer Verlierer der Schlacht am Weißen Berg war zunächst Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz, der erst im August 1619 zum König von Böhmen gewählt worden war. Die böhmischen Stände wehrten sich gegen die Herrschaft der Habsburger und die Rekatholisierung, den 1617 gekrönten König Ferdinand hatten sie abgesetzt. Hoffnungsträger war der pfälzische Kurfürst, der allerdings auch im eigenen Lager, bei der protestantischen Union, nur bedingt Rückhalt hatte. Ferdinand, inzwischen als Ferdinand II. Kaiser, ging gegen Böhmen vor. Friedrich musste nach der Schlacht fliehen, er verfiel der Reichsacht und verlor auch die Pfalz und den Kurhut. Als „Winterkönig“ hatten ihn seine Gegner schon nach seiner Wahl bezeichnet, in Erwartung einer kurzen Herrschaft. Sie sollten Recht behalten.

Im Zuge der Machtstabilisierung der Habsburger erfolgten in Böhmen umfangreiche Konfiskationen. Viele Protestanten mussten das Land verlassen. 

Für das tschechische kollektive Gedächtnis spielt die Schlacht am Weißen Berg eine herausragende Rolle. Sie markiert die Wende von der politischen und religiösen Freiheit zum fremdbestimmten Absolutismus, verbunden mit dem kulturellen Niedergang des Eigenen. Verstärkt durch Rückprojektionen aus der Zeit der „nationalen Wiedergeburt“ der Tschechen ab Ende des 18. Jahrhunderts wurde ein Romantitel des Autors Alois Jirásek von 1915 zum Begriff für die Epoche nach der Schlacht: „Temno“ – Finsternis.