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06.11.20 / christenverfolgung in der Türkei / Zwischen die Fronten geraten / Wie ein US-Pastor infolge des Putsches von 2016 in die Fänge der Erdogan-Regierung geriet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45 vom 06. November 2020

christenverfolgung in der Türkei
Zwischen die Fronten geraten
Wie ein US-Pastor infolge des Putsches von 2016 in die Fänge der Erdogan-Regierung geriet
Bodo Bost

Andrew Craig Brunson ist ein US-amerikanischer Pastor der Evangelisch-Presbyterianischen Kirche. Seit 1993 lebten er und seine armenisch-stämmige Frau Norine in der Türkei, wo sie in Izmir eine presbyterianische Kirchengemeinde gegründet hatten. Jeder Türke hätte in demselben Zeitraum in Deutschland kaum ein Problem gehabt, einen deutschen Pass zu erhalten. Als Brunson und seine Frau einen Antrag auf unbegrenztes Aufenthaltsrecht in der Türkei stellten, wurden sie im Oktober 2016 unter fadenscheinigen Gründen verhaftet. 

Norine Brunson wurde nach zwei Wochen freigelassen, für ihren Mann folgten 735 Tage türkische Geiselhaft, über die Andrew Brunson jetzt ein ergreifendes christliches Zeugnis in Tagebuchform veröffentlicht hat. Zunächst war er eingesperrt in eine Gefängniszelle mit 17 anderen angeblichen Staatsfeinden, danach bekam er Einzelhaft. Zunächst warf man dem Mann aus North Carolina Mitverschwörung am Putsch gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Juli 2016 vor, später verlagerte sich die Hauptanklage auf Unterstützung der terroristischen kurdischen PKK und zu guter Letzt wurde ihm Christianisierung vorgeworfen, wobei man Christianisierung mit Terror gleichsetzte. Ihm drohten 35 Jahre Haft.

Mit 35 Jahre Haft bedroht

Als Brunson 1993 in die Türkei kam, war diese noch ein Rechtsstaat, in dem Gesetze und nicht Befehle eines Obersten Führers galten. Missionierung war damals nicht verboten. Als Erdogan ab 2001 nach und nach mit Hilfe des Islam immer mehr Macht in der Türkei anhäufte und trotzdem noch sein Land in die EU führen wollte, begann gleichzeitig auch ein Prozess der Entrechtung der gesamten türkischen Gesellschaft. 

Der tief religiös Brunson, der in dieser Zeit über ein exegetisches Problem im Fernstudium promovierte, bekam von diesem Prozess als apolitischer Mensch kaum etwas mit. In seiner Haft erkannte Brunson auch nicht, dass er nur als Austauschgeisel für den in den USA lebenden muslimischen Prediger Gülen herhalten sollte, den Erdogan ohne Beweise als Hintermann des Putsches vom Juli 2016 ausgemacht hatte. Was Erdogan womöglich auch nicht wusste oder unterschätzte,  war, dass mit der Ernennung von US-Außenminister Mike Pompeo im April 2018 gerade ein Mitglied der presbyterianischen Kirche zur rechten Hand von Präsident Trump ernannt worden war. Er verpflichtete sich, in einem über die Botschaft weitergeleiteten Ehrenwort gegenüber Norine und Andrew Brunson zu handeln.

Pastor als Austausch-Geisel

Mit der Ernennung Pompeos änderte Präsident Trump seinen Ton gegenüber Erdogan. „Sie nennen ihn einen Spion, aber ich bin eher ein Spion als er“, schrieb Trump im April 2018 auf Twitter und forderte die sofortige Freilassung eines „großartigen Pastors“. Als Erdogan nicht reagierte, verkündete Trump die Verdopplung der Importzölle auf Stahl und Aluminium, die türkische Börse bebte und schickte die türkische Lira auf Talfahrt. In zwei Monaten verloren allein durch den Zerfall der Lira die türkischen Bürger Milliarden an Kaufkraft, und das wegen eines einzigen Pfarrers. Jetzt bebte auch Erdogan und ließ kurze Zeit später Pastor Brunson frei und mit seiner Frau aus der Türkei wegziehen.

Pastor Brunson blieb auch in der Haft ein durch und durch religiöser und integrer Mensch. Er schrieb Gedichte, um sich auf das Martyrium vorzubereiten. Er benutzt in seinem Tagebuch oft religiöse Metaphern und vergleicht Erdogan, den er in dem Buch nur wenige Male mit Namen nennt, mit dem Pharao in Ägypten, der sich zunächst geweigert hatte, das Volk Israel ziehen zu lassen. Erst die von Gott als Strafe geschickten sieben Plagen führten zu einem Einlenken des Pharaos und führten zur Entstehung des jüdischen Volkes, das in der Befreiung aus Ägypten das Ur-Erlebnis seiner Religion und seines Bündnisses mit Gott erkannte, das es bis heute im Fest Pessach feiert. 

Andrew Brunson/ Craig Borlase: „Geisel für Gott“, Gerth Medien GmbH, Aßlar 2020, Taschenbuch, 304 Seiten, 15 Euro