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13.11.20 / Arbeitswelt / Die heilsame Wirkung von Pausen wird oft unterschätzt / Manche Arbeitgeber halten sie für lästige Unterbrechungen – Dabei fördern Auszeiten nachweislich die Produktivität

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46 vom 13. November 2020

Arbeitswelt
Die heilsame Wirkung von Pausen wird oft unterschätzt
Manche Arbeitgeber halten sie für lästige Unterbrechungen – Dabei fördern Auszeiten nachweislich die Produktivität

Ein Viertel aller Beschäftigten verzichtet auf die im Paragraph 4 des Arbeitszeitgesetzes offiziell vorgeschriebenen Pausen oder verkürzt diese zumindest deutlich. Das ergaben Untersuchungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA). Die Betroffenen glauben, so effektiver zu sein, was jedoch ein klarer Trugschluss ist. Denn Pausen erfüllen gleich mehrere wichtige Funktionen, wie der BAUA-Arbeitspsychologe Johannes Wendsche nach der Analyse von 130 entsprechenden Studien aus den vergangenen 25 Jahren bestätigen konnte.

Da wäre zum Ersten die Schutzfunktion: Die Arbeit nicht in regelmäßigen Abständen zu unterbrechen, führt zur Überlastung des Körpers und der Psyche. Die Folge sind schlimmstenfalls Berufskrankheiten oder Unfälle. Zum Zweiten dienen Pausen natürlich auch der Erholung. Während der Arbeit ermüdet der Mensch sukzessive, und bereits kurze Auszeiten unterbrechen diesen Prozess oder machen ihn sogar in gewissem Umfang rückgängig.

Luft für mehr Kreativität

Des Weiteren können Pausen das während der beruflichen Betätigung vielfach unerfüllt bleibende Bedürfnis nach sozialen Kontakten befriedigen, wobei in manchen Fällen allerdings auch der soziale Rückzug, das heißt der Schutz vor zu viel Beanspruchung durch andere Menschen, für positive Effekte sorgen kann – man denke da nur an Pfleger, Lehrer oder Erzieher. Zum Vierten motivieren Pausen beziehungsweise die Erwartung derselbigen. Wer weiß, dass er bald in den Genuss einer Auszeit kommt, ist nachweislich produktiver.

Und Fünftens fördert das Abschalten auch die Kreativität. Wenn wir angestrengt arbeiten und nach Lösungen suchen, ist das Aufmerksamkeitsnetzwerk im Gehirn aktiv. Dieser Verbund von Hirnregionen während der Konzentration auf konkrete Aufgaben blockiert oft das Denken jenseits eingefahrener Routinen. Dann ist das sogenannte Default Mode Network (Ruchezustandsnetzwerk) gefragt, das im Ruhezustand – also beispielsweise beim Tagträumen – aktiv wird. Nun ist plötzlich auch der Zugriff auf ganz andere Bereiche des Gedächtnisses möglich, und das Problem löst sich „wie von selbst“. Das passiert meist schon in sehr kurzen Pausen von nur wenigen Minuten Dauer.

Ausweg „maskierte Pausen“

Werden solche Arbeitsunterbrechungen nicht zugestanden, dann kommt es zu „maskierten Pausen“, in denen die Gedanken abschweifen, ohne dass dies von außen erkennbar ist. Unser Gehirn nimmt sich in derartigen Fällen, was es benötigt – und das ist gut so, obgleich manche Arbeitgeber meinen, das unterbinden zu müssen.

Ansonsten ist die Wirksamkeit von Pausen auch davon abhängig, wie sie konkret genutzt werden. Die Faustregel lautet hier: In der Pause sollte das Gegenteil von dem getan werden, was bei der Arbeit üblich ist. Gleichzeitig müssen die Auszeiten auch ermöglichen, die jeweils ausgeübte Tätigkeit zeitweise zu vergessen. Ideal sind darüber hinaus Pausen, die als sinnhaft und selbstbestimmt erlebt werden. Und wenn der Beschäftigte sie sogar noch zu nutzen vermag, um neue Kompetenzen – ganz gleich welcher Art – zu erwerben, dann sind alle Kriterien einer guten Pause erfüllt. W.K.