26.04.2024

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13.11.20 / Aus alter Zeit / Der „Stettiner Bierkrieg“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46 vom 13. November 2020

Aus alter Zeit
Der „Stettiner Bierkrieg“

Die Chronik weiß über einen „Bierkrieg“ zur Senkung des Bierpreises im alten Stettin zu Anfang des 17. Jahrhunderts zu berichten: Wie in den meisten deutschen Städten, so hielt auch der Magistrat von Stettin darauf, dass den Stettinern ein schmackhaftes Bier vorgesetzt wurde. Eine im Jahre 1573 erneuerte Brauordnung forderte, dass innerhalb des Stadtbezirks das Bier nur aus dem besten Gerstenmalz und aus gutem Hopfen hergestellt werden dürfe. Wachte der Magistrat über die Qualität, so hatten nach einem alten Privileg die Bürger das Recht, den Preis zu bestimmen.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts befand sich der Stettiner Rat in einer starken Geldklemme, die er am ehesten dadurch zu beseitigen hoffte, dass er den Bierpreis von 12 auf 16 Pfennig für ein „Quart“ erhöhte. Als im Sommer 1616 dieser Beschluss von den Kanzeln der Stettiner Kirchen verkündet worden war, versetzte dieser Übergriff des Magistrats selbst den biedersten Stettiner Bürger in die helle Empörung, denn man muss wissen, dass das Bier derzeit sozusagen ein tägliches Nahrungsmittel war.

Mit Windeseile verbreitete sich die Nachricht von der Bierpreiserhöhung in der ganzen Stadt. Die Bürger holten aus ihren Kammern Waffen hervor, rotteten sich zusammen und zogen durch die Straßen. Die Stadtwachen traten wohl dem Volkshaufen entgegen, wurden aber zurückgeschlagen und konnten es nicht verhindern, dass die Keller der Brauereien von der Menge gestürmt wurden. Darauf wurde Freibier in großen Mengen verkonsumiert.

Verzweifelt rief der Bürgermeister Alexander von Rammin den Stadtrat zusammen, der sich schließlich unter dem Druck der Verhältnisse dazu bereit fand, auf die Erhöhung des Bierpreises zu verzichten. Den Stettinern wurde dies auf einem Flugblatt bekannt gegeben, und die Bürger wurden ermahnt, in ihre Häuser zurückzukehren. Das viele Bier aber war der Masse in die erhitzten Köpfe gestiegen, so dass die Volksseele noch höher schäumte als das Bier in den Krügen. Da entschloss sich der Pommernherzog, in den „Bierkrieg“ einzugreifen. Am dritten Tage des Aufstandes zogen seine Bewaffneten in die rebellierende Stadt ein und stellten schließlich die Ruhe wieder her.

Die Macht der Bürger war indessen doch so groß, dass in einer Gerichtsverhandlung der Bevölkerung das alte Privileg der Festsetzung der Bierpreise erneut zugestanden werden musste. Auch setzten die Bürger durch, dass ihre Forderung auf Abschaffung der Getränkesteuer, die mit der Preiserhöhung verbunden war, Anerkennung fand. Aber hiermit nicht genug, der Bürgermeister von Rammin sah sich genötigt, sein Amt abzugeben, und dem Magistrat traten 17 von der Bürgerschaft gewählte Vertrauensmänner bei, die dafür zu sorgen hatten, dass es dem Rat nie wieder einfallen sollte, sich noch einmal einer Beseitigung alter Bürgerrechte zu erkühnen. Erst als sie auch diese Erweiterung des Magistrats durchgedrückt hatten, beruhigten sich die empörten Stettiner wieder und leerten ihre Schoppen wieder mit Behaglichkeit.

(Aus Archiv)