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20.11.20 / Gesellschaft / Die Zweifel am Corona-Management wachsen / Während Bund und Länder sich nicht auf neue Maßnahmen verständigen können, hinterfragen die Bürger zunehmend die Lockdown-Politik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47 vom 20. November 2020

Gesellschaft
Die Zweifel am Corona-Management wachsen
Während Bund und Länder sich nicht auf neue Maßnahmen verständigen können, hinterfragen die Bürger zunehmend die Lockdown-Politik
René Nehring

Die großen Verschärfungen sind vorerst ausgeblieben. In ihren Beratungen über weitere Corona-Maßnahmen konnten sich Bundesregierung und Ministerpräsidenten am Montag lediglich auf Empfehlungen zu weiteren Kontaktbeschränkungen verständigen. Zu groß waren die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kanzleramt, das mit dem Verweis auf die Infektionszahlen der letzten Wochen weitere Verschärfungen anstrebte, und den Landesfürsten, die mit Blick auf den Alltag der Städte und Gemeinden weitere Eingriffe in das öffentliche Leben ablehnen. 

Das Scheitern der Bund-Länder-Gespräche bietet die Chance für einige grundsätzliche Betrachtungen auf das Agieren der verantwortlichen Politiker und Wissenschaftler, aber auch der Mehrzahl der Medien während der vergangenen Wochen und Monate. Denn trotz – oder gerade wegen – deren Einigkeit wirft ihr Handeln zunehmend Fragen auf. 

Unklare Lage

Da ist als zentrales Problem, dass noch immer unklar ist, wie gefährlich Corona eigentlich ist. Während Politik und Medien den Ernst der Lage – und damit die Notwendigkeit für weitere Lockdown-Maßnahmen – vor allem mit den gestiegenen Zahlen der positiven Testungen begründen, kam der Stanford-Professor John Ioannidis im Oktober im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Ergebnis, dass die Sterblichkeit des Virus lediglich bei 0,2 Prozent liege. 

Dies lenkt die Aufmerksamkeit auf die Einseitigkeit der Experten in den deutschen Debatten: Während die die Gefährlichkeit des Virus betonenden Virologen Christian Drosten (Charité) und Melanie Brinkmann (TU Braunschweig) sowie RKI-Präsident Lothar Wieler (von der Ausbildung her Fachtierarzt für Mikrobiologie) in den Talkshows und reichweitenstarken Nachrichtensendungen allgegenwärtig sind, kommen Skeptiker wie der Lungenfacharzt Wolfgang Wodarg (ehemals Leiter eines Gesundheitsamtes und als Parlamentarier an der Bekämpfung zahlreicher Epidemien beteiligt), die Epidemiologin Angela Spelsberg oder der Infektionsepidemiologie Sucharit Bhakdi (Uni Mainz) allenfalls in Spartenkanälen und eigenen Online-Blogs zu Wort. 

Nun ist es das gute Recht jeder Regierung, sich ihre Berater selbst auszusuchen. Doch angesichts der Reichweite der Eingriffe durch die Corona-Maßnahmen in das Leben der meisten Bundesbürger ist es nicht akzeptabel, wenn pauschal davon gesprochen wird, dass „die Wissenschaft“ in dieser Sache einer Meinung sei. 

Hinzu kommt das zunehmend unglaubwürdige Agieren der Verantwortlichen. Wenn sich Bund und Länder am Montag darauf verständigt haben, die Zeit für ein „längerfristiges Corona-Konzept“ nutzen zu wollen, fragt man sich unweigerlich, was diese in den vergangenen Monaten getan haben. Und auf welcher Grundlage sie derzeit ihre Beschlüsse fassen. Die Bundeskanzlerin erklärte zur Begründung der jüngsten Lockdown-Schritte im Bundestag, dass die Behörden 75 Prozent des Infektionsgeschehens nicht nachvollziehen könnten. Auf welcher Basis wird dann aber entschieden, dass selbst kleinste Gastronomen wochenlang schließen müssen, während die großen Kaufhäuser offen bleiben dürfen? 

Ignoranz gegenüber der Kritik

Am Dienstag berichtete der gut vernetzte Blogger Boris Reitschuster auf seiner Webseite, dass das dritte Bevölkerungsschutzgesetz in dieser Woche im Eilverfahren durch die Regierungsfraktionen und anschließend durch den Bundestag gedrückt werden soll (etwaige Ergebnisse lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor). Wütende Zuschriften von Bürgern, so Reitschuster den Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten zitierend, würden ignoriert und einfach gelöscht.

Eine solche Ignoranz wird sich die Politik nicht mehr lange leisten können. Wenn sie die Bürger nicht auf Augenhöhe behandelt, dürfte der vor uns liegende Winter nicht nur in Sachen Corona dramatisch werden.