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20.11.20 / Globalisierung / Warum Völker aufbegehren / Der israelische Journalist Nadav Eyal bereiste China, Sri Lanka, Südafrika und sprach mit Asylsuchern in Ungarn – Große Hoffnung richtet er auf Berlin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47 vom 20. November 2020

Globalisierung
Warum Völker aufbegehren
Der israelische Journalist Nadav Eyal bereiste China, Sri Lanka, Südafrika und sprach mit Asylsuchern in Ungarn – Große Hoffnung richtet er auf Berlin
Dirk Klose

Es ist noch gar nicht so lange her, dass die Globalisierung als Beginn eines besseren Zeitalters gefeiert wurde. Heute hat sich die Euphorie in ihr Gegenteil verkehrt. „Was als ,Unbehagen an der Globalisierung‘ begann, verwandelte sich in eine regelrechte Revolte gegen die Weltordnung“, schreibt der in Israel geborene Journalist Nadav Eyal „Revolte“ über die Widerstände, die sich weltweit gegen die wachsende Vernetzung der Staatenwelt formieren. Zu viele Menschen fühlten sich, schreibt er mit Blick auf prekär gewordene Arbeitsplätze, auf den Klimawandel, auf größere Unsicherheit im Alltag und auf hoffnungslose Zukunftsperspektiven, zutiefst bedroht. Es sei ein Nährboden für Fundamentalismus und Terrorismus.

Der Autor ist für seine Reportagen im israelischen Fernsehen in aller Welt unterwegs. Das merkt man diesem lebendigen, teils furios geschriebenen Buch an. Eyal beginnt mit Reportagen aus China, Sri Lanka und Südafrika, erlebt hautnah terroristische Auswüchse des radikalen Islam, begleitet 2015 Asylsucher, die aus Ungarn nach Deutschland strömen und kommt in bitterbösen Kapiteln auf die USA und Präsident Trump („wohl einer der eingefleischtesten Lügner, der in der Neuzeit jemals an der Spitze einer Großmacht stand“) zu sprechen. Am Ende steht ein dramatischer Appell an die reichen Länder, ein gerechteres und solidarisches Weltwirtschaftssystem zu schaffen.

Alle Kapitel sind in etwa gleich strukturiert: einer aktuellen Reportage folgt eine historisch-politische Analyse, bei der sich das Geschehen – sei es Klimawandel, Immigration und Neubeginn, Jobverluste am Beispiel der Autometropole Detroit und Finanzkrise 2008 – fast immer leicht und meist auch überzeugend als Beispiel zerstörerischer Veränderungen darstellen lässt. Der Autor ist dabei allerdings mitunter etwas zu ehrgeizig. Alles generell gegen die Globalisierung zu interpretieren, wird den unterschiedlichen Entwicklungen in der Welt nicht gerecht. Eine präzisere Unterscheidung würde zum Verständnis gerade globaler Probleme besser weiterhelfen.

Gegen Ende des Buches setzt Eyal eine geradezu messianische Hoffnung auf ein politisch festes, soziales und tolerantes Deutschland als Stabilitätsanker für die ganze Welt. Weltweit habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, „dass das wichtigste und stabilste Bollwerk liberaler Werte ... in Berlin steht“. Deutschland ist heute „der größte Hoffnungsträger der freien Welt!“ Da wird einem fast bange angesichts solcher Erwartungen. 

Nadav Eyal: „Revolte. Der weltweite Aufstand gegen die Globalisierung“, Ullstein Verlag, Berlin 2020, gebunden, 469 Seiten, 29 Euro