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20.11.20 / Für Sie gelesen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47 vom 20. November 2020

Für Sie gelesen
Wolfgang Kaufmann

Kultureller Selbstmord

Salahdin Koban ist ein Deutscher mit Immigrationshintergrund. Seine Eltern benannten ihn nach Salah ad-Din Yusuf ibn Ayyub ad-Dawini, also jenem kurdischen Heerführer, der 1187 Jerusalem von den Kreuzrittern zurückerobert hat, wohingegen der Nachname Koban von dem mehrheitlich von Kurden bewohnten Ort Kobanê im Grenzgebiet zwischen Syrien und der Türkei abgeleitet sein soll. Also der „aus Koban Stammende“, aber in der schwäbischen Provinz Geborene, reüssierte in jungen Jahren in der CDU. Er gehört deren konservativem Flügel an, der in deutlicher Opposition zum Kurs der derzeitigen Parteiführung steht. Davon zeugt sein Buch „Deutschlands freiwilliger Untergang. Identitätskrise einer Nation, die keine sein will“.

Kobans Hauptthese lautet, dass man hierzulande permanent „moralische Selbstzerfleischung“ betreibe und „aus Angst vor den Schatten der Vergangenheit lieber kulturellen Selbstmord“ begehe, als „ein tragfähiges Gesellschaftsmodell für die Zukunft zu entwerfen“. In diesem Zusammenhang rechnet er unter anderem mit dem Multikulti-Wahn und weiteren ideologischen Verirrungen ab.

Kobans Argumente wären vor dem drastischen Linksruck in der CDU während der Ära Merkel noch von der Mehrheit der Mitglieder seiner Partei geteilt worden – und kein Verlag hätte sie als „provokant“ bezeichnet, weil sie dem gesunden Menschenverstand entsprechen. Aber es ist beruhigend zu wissen, dass es in der CDU nach wie vor Leute gibt, die es wagen, Wörter wie „Heimat“, „deutsche Kultur“ und „Patriotismus“ auszusprechen.

Allerdings hinterlässt das Buch dennoch einen schalen Nachgeschmack. Der resultiert aus den Passagen, in denen Koban den Deutschen Eigenschaften wie fehlende „Wärme und Herzlichkeit im Miteinander“, „Unhöflichkeit“, unterdurchschnittliche „Gastfreundschaft“, „Fremdenhass“ und „kulturelle Armut“ attestiert, wobei die neuen Bundesländer im Vergleich zu den etwas „weltoffeneren“ Regionen im Westen besonders schlecht wegkommen. Hier wird das prinzipielle Dilemma sichtbar, in dem sich Menschen mit Immigrationshintergrund in der Bundesrepublik fast immer befinden – ganz gleich, ob sie nun tatsächlich diskriminiert werden oder das nur herbeihalluzinieren: Sie wollen zwar, dass man sie ohne Wenn und Aber als Deutsche anerkennt, entwickeln aber am Ende doch meist eine gewisse Distanz zu den „Bio-Deutschen“, die dann sehr schnell in Hochmut umschlagen kann. So wie in Kobans „gesellschaftspolitischem Debattenbeitrag“.

Ansonsten stellt sich die Frage, was dem Autor das Recht gibt, den Leser zwei Kapitel lang über eine „Realpolitische Nahostpolitik“ und die „Leitlinien zeitgemäßer deutscher Außenpolitik“ zu belehren: Seine Lehre als Groß- und Außenhandelskaufmann oder das begonnene Studium der Politikwissenschaften?

Salahdin Koban: „Deutschlands freiwilliger Untergang. Identitätskrise einer Nation, die keine sein will“, FinanzBuch Verlag, München 2020, gebunden, 160 Seiten, 18,99 Euro