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27.11.20 / Brandenburg / Ein schwarzes Jahr für die Landwirte / Ein Schlag nach dem anderen: Zu den Corona-Folgen kommt jetzt noch die Afrikanische Schweinepest

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48 vom 27. November 2020

Brandenburg
Ein schwarzes Jahr für die Landwirte
Ein Schlag nach dem anderen: Zu den Corona-Folgen kommt jetzt noch die Afrikanische Schweinepest
Norman Hanert

Die Vorplanungen für die nächste Grüne Woche können als Zeichen für eine Agrarwirtschaft gesehen werden, die derzeit mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Bereits im August hatten die Veranstalter angekündigt, die bereits seit 1926 durchgeführte Agrarmesse werde im kommenden Jahr coronabedingt nur Fachbesuchern offenstehen. Inzwischen entschied die Messe Berlin sogar: Die 86. Ausgabe der Internationalen Grünen Woche findet im Januar 2021 nur als rein digitale Veranstaltung statt. 

Um sich über die neuesten Trends der Land- und Ernährungswirtschaft und des Gartenbaus zu informieren, werden sich Fachbesucher und interessierte Verbraucher mit Internetübertragungen von Vorträgen und Diskussionsrunden begnügen müssen. Wegfallen wird auf der Grünen Woche damit auch die Brandenburg-Halle, das traditionelle Schaufenster der märkischen Agrarerzeuger auf der weltgrößten Landwirtschaftsmesse.

Die von der Messe Berlin geplante Notversion der Grünen Woche passt zur Lage vieler Landwirte in Deutschland. Schon die erste Corona-Pandemiewelle im Frühjahr brachte für viele Agrarbetriebe massive Belastungen. Bei einigen Produkten zog der Absatz zwar an, weil sich Verbraucher durch Hamsterkäufe Vorräte an Lebensmitteln anlegten und auch verstärkt wieder zu Hause kochten. Dafür brach aber die Nachfrage durch Hotels, Restaurants und Kantinen weg. Die zeitweise Schließung von großen Schlachtbetrieben nach Corona-Infektionen trug überdies dazu bei, dass seit dem Frühjahr insbesondere die Preise für Mastschweine unter Druck geraten sind. 

Fleisch-Exporte brechen ein

Speziell die Landwirte in der Mark Brandenburg mussten in diesem Jahr noch weitere Tiefschläge verkraften: Anfang November wurde im Landkreis Ostprignitz-Ruppin ein toter Kranich gefunden, der an Vogelgrippe gestorben war. Geflügelzüchter sind nach dem Fund alarmiert, da eine Übertragung der Geflügelpest auf Hausgeflügel droht. Bereits im September stellten Veterinäre erstmals auf bundesdeutschem Boden bei einem Wildschwein im Landkreis Spree-Neiße die Afrikanische Schweinepest (ASP) fest. Mittlerweile sind im Bundesland Brandenburg etwa 160 Fälle nachgewiesen. Auch im benachbarten Freistaat Sachsen gibt es erste Verdachtsfälle bei Wildschweinen. 

Die Restriktionsgebiete umfassen in Brandenburg mittlerweile das gesamte Gebiet entlang von Oder und Neiße. Da China nur Fleisch aus ASP-freien Ländern akzeptiert, brach nach den Fällen in Brandenburg für alle deutschen Schweinezüchter ein großer Abnehmer weg. Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) warnte inzwischen, dänische Landwirte könnten bei den Schweinfleischexporten nach China in die Lücke springen, die von deutschen Zuchtbetrieben hinterlassen wird. Die Ministerin wies zudem darauf hin, dass die Zerlegung von Tieren momentan von deutschen Betrieben in die Niederlande abwandert. 

Die Meinungen darüber, wie Brandenburgs Behörden und die Landesregierung bei der Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest bislang agieren, gehen stark auseinander: Das EU-Veterinärnotfallteam EUVET und auch das Friedrich-Loeffler-Institut stellen dem ASP-Krisenmanagement Brandenburgs ein gutes Zeugnis aus. 

Ganz Deutschland gefährdet

Der Landesbauernverband (LBV) kritisiert dagegen, das Krisenmanagement des Landes funktioniere nicht: „Was wir brauchen, ist ein abgestimmtes, verständliches und wirksames Management sowie feste Zäune zur Verhinderung eines weiteren Ausbreitens der Seuche“, so LBV-Präsident Henrik Wendorff. Auch Dirk-Henner Wellershoff, Präsident des Landesjagdverbandes Brandenburg, rügt das Krisenmanagement massiv. Wellershoff beklagt eine mangelhafte Abstimmung zwischen den Behörden der betroffenen Landkreise und forderte einen übergeordneten Krisenstab zur Koordinierung aller Maßnahmen. Sonst sei der Kampf gegen die ASP verloren, so der Chef des Jagdverbandes.

Tatsächlich kommt dem Land Brandenburg beim Kampf gegen die ASP eine Schlüsselrolle für die gesamte Landwirtschaft in Deutschland zu. Nach den Erfahrungen aus anderen Ländern der Welt breitet sich die Tierseuche jedes Jahr über eine größere Entfernung weiter aus. Falls es Brandenburg jetzt nicht gelingt, die Afrikanischen Schweinepest auf seinem Gebiet wieder auszurotten, erreicht die Tierseuche in den nächsten Jahren die großen Zuchtbetriebe in Niedersachsen und anderen Bundesländern.