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27.11.20 / Kolumne / Der Senat dreht am Rad

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48 vom 27. November 2020

Kolumne
Der Senat dreht am Rad
Vera Lengsfeld

Henryk Broder hat schon lange vor der Corona-Krise gemeint, wenn es über Deutschland ein Dach gäbe, wäre es eine geschlossene Anstalt. Das trifft noch mehr auf Berlin zu, das wie ein Intensiv-Labor wirkt, in dem  man testet, wie weit der Irrsinn getrieben werden kann. Nun hat die Senatorin für Verkehr und Umwelt Regine Günther mindestens die Stufe zehn der nach oben offenen Irrsinnsskala erklommen. Ihre Behörde lehnte es rundweg ab, den Pflegekräften der Charité freie Parkplätze zu gewähren. 

Bekanntlich ist es das Ziel der Senatorin, die Parkraumbewirtschaftung so weit wie möglich auszudehnen. Besonders betroffen ist Berlin-Mitte, wo sich die Charité befindet. Es war schon immer schwierig, rund um das größte Krankenhaus Berlins einen freien Parkplatz zu finden. Jetzt ist es unmöglich, denn es gibt nur noch Plätze, für die man zwei Euro pro Stunde bezahlen muss. Die Schichtlänge für Pflegekräfte beträgt um die zehn Stunden. Da bedeutet es einen schmerzhaften Einschnitt ins ohnehin karge Monatseinkommen, wenn man Tag für Tag so eine Summe bezahlen muss, nur um zur Arbeit zu kommen. Der Personalratschef der Universitätsklinik hat deshalb einen Brief an zahlreiche Landespolitiker verschickt.

Sogar Kanzlerin Merkel empfehle wegen des Infektionsschutzes, „den ÖPNV nicht zu benutzen“. Das müsste in besonderem Maße für Pflegekräfte gelten. Die Senatorin sah das anders. Busse und Bahnen würden als sicher bewertet, außerdem empfehle sie das Radfahren: „Jedenfalls ergibt sich damit insgesamt keine zwingende Notwendigkeit, für Wege ausschließlich einen eigenen Pkw zu nutzen.“ Per Rad von Brandenburg und zurück?

Das ist an Arroganz und Verachtung gegenüber den Menschen, die unser Land trotz zunehmender politischer Gängelung noch am Laufen halten, kaum noch zu überbieten. Waren die Pflegekräfte anfangs noch die „Helden“ der Krise, sind es jetzt laut Regierungsvideo, erstellt von den Komikern Joko und Claas, die „Couch-Potatoes“, die ganz zuhause bleiben. Wenn die Pfleger dieser Aufforderung folgen, wer kümmert sich noch um die Kranken?