27.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
27.11.20 / Kamala Harris / Eine kühl berechnende Opportunistin / Welche Politik von Joe Bidens Kandidatin für das Vizepräsidentenamt zu erwarten sein wird

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48 vom 27. November 2020

Kamala Harris
Eine kühl berechnende Opportunistin
Welche Politik von Joe Bidens Kandidatin für das Vizepräsidentenamt zu erwarten sein wird
Wolfgang Kaufmann

Sollte sich das Wahlergebnis vom 3. November bestätigen, wird Kamala Devi Harris, Tochter einer indisch-tamilischen Krebsforscherin und eines aus Jamaika stammenden Wirtschaftsprofessors, ab Januar 2021 als erste weibliche und zugleich nichtweiße Person das Amt des Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika bekleiden und allein damit bereits Geschichte schreiben. Darüber hinaus könnte die heute 56-Jährige schon bald als Präsidentin ins Weiße Haus einziehen – entweder nach der nächsten Präsidentschaftswahl 2024 oder schon eher bei einer vorzeitigen Demission des fast 22 Jahre älteren Joe Biden. Hieraus ergibt sich die enorme Wichtigkeit ihrer politischen Agenda, die von den meisten Medien aber nur selten thematisiert wird – im Gegensatz zu den Kochkünsten, Schuhen und Hosenanzügen sowie dem Musikgeschmack von Harris oder der künftigen Bezeichnung ihres Ehemannes Douglas Emhoff.

Für Trump eine „Kommunistin“

Für den Noch-Präsidenten Donald Trump ist die eloquente Juristin, die es 2011 bis zur Generalstaatsanwältin von Kalifornien brachte und dann 2017 in den US-Senat einzog, eine „Kommunistin“ beziehungsweise Marionette linksextremer Kreise. Tatsächlich vertritt Harris viele Anliegen des linken Flügels der Demokratischen Partei. So unterstützt sie sowohl die Forderung nach einer staatlichen „Krankenversicherung für alle“ als auch die radikale Klimaschutzprogrammatik der selbsternannten „demokratischen Sozialistin“ Alexandria Ocasio-Cortez. 

Desgleichen befürwortet Harris die Anhebung des Mindestlohnes, Einschränkungen beim Recht auf Waffenbesitz sowie die Abschaffung der Todesstrafe. Die Umsetzung der wirtschaftlichen Programmatik des Duos Biden-Harris, die nach Schätzungen der Expertengruppe Tax Policy Center bis zu sechs Billionen US-Dollar verschlingen könnte, würde deutliche Steuererhöhungen erfordern.

Doch ob es dazu kommt, ist fraglich. Immerhin atmeten viele Börsianer laut dem „Wall Street Journal“ erleichtert auf, als Biden Harris zu seiner Vizepräsidentschaftskandidatin ernannte. Denn die als „Linke“ eingestufte Politikerin steht auf recht gutem Fuß mit der Wirtschaftselite Amerikas. Das zeigte sich nicht zuletzt 2019, als sie selbst die demokratische Präsidentschaftskandidatur anstrebte und ihr daraufhin großzügige Spenden aus der Hochtechnologie-, Pharma- und Immobilienbranche sowie von Versicherungskonzernen und Finanzdienstleistern zuflossen. Außerdem gehörten auch äußerst vermögende Einzelpersonen zu ihren damaligen Sponsoren, darunter Gordon Getty, der Erbe des Öl-Magnaten Jean Paul Getty, und der Großinvestor Dean Metropoulos.

Darüber hinaus gilt Harris auf manchen Gebieten als ausgesprochene Hardlinerin. Während ihrer Zeit als Generalstaatsanwältin von Kalifornien sorgte sie für die Inhaftierung einiger Eltern schulschwänzender Kinder und setzte gleichfalls drakonische Strafen für andere Täter durch – auch und gerade, wenn diese schwarz waren. Dazu kam die systematische Sabotage der Auszahlung von Entschädigungen an unschuldig Inhaftierte sowie von Bemühungen zur Humanisierung des kalifornischen Strafvollzuges. Und in der Gegenwart drängt sie auf die unnachgiebige juristische Verfolgung des Gründers der Enthüllungsplattform Wiki­Leaks, Julian Assange, der unter anderem Kriegsverbrechen des US-Militärs aufgedeckt hatte.

Abrupte Kurswechsel

Letztendlich ist Harris weniger eine Linke als eine kühl berechnende Opportunistin, die versucht, ihre Machtbasis innerhalb der Demokratischen Partei zu verbreitern. Deshalb gibt sie sich links genug, um die Unterstützung des linken Flügels zu bekommen, schert aber auch nicht zu weit in diese Richtung des politischen Spektrums aus, weil das die übrigen Demokraten verprellen würde. Das macht manchmal abrupte Kurswechsel nötig, von denen Harris schon einige absolviert hat. So beispielsweise in der Frage der Krankenversicherung für alle, die sie zunächst zu einer Angelegenheit von Privatunternehmen machen wollte. Man darf also gespannt sein, wozu Kamala Harris aus Karrieregründen noch alles fähig ist.