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27.11.20 / Südasien / Vom Armenhaus zum neuen Bengalischen Tiger / Höheres Pro-Kopf-Einkommen als Indien prognostiziert – Ausgerechnet Bangladesch könnte der Profiteur des Krisenjahres 2020 sein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48 vom 27. November 2020

Südasien
Vom Armenhaus zum neuen Bengalischen Tiger
Höheres Pro-Kopf-Einkommen als Indien prognostiziert – Ausgerechnet Bangladesch könnte der Profiteur des Krisenjahres 2020 sein
Bodo Bost

Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) gehört die indische Wirtschaft in diesem Jahr zu den am stärksten schrumpfenden Volkswirtschaften der Welt. Nach Italien, Spanien und eventuell Frankreich werde Indiens Wirtschaft in diesem Jahr am stärksten unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden. Indien hat nach den USA die zweithöchsten Infektionszahlen. Dagegen scheint Indiens Nachbarland Bangladesch, der am dichtesten besiedelte Flächenstaat der Erde, mit nur wenigen Infektionen durch die Pandemie zu kommen. 

Nach der IWF-Prognose wird die indische Wirtschaft zwischen 10,3 und 10,6 Prozent zurückgehen, während die Wirtschaft Bangladeschs um vier Prozent wachsen wird. Damit ist Bangladesch neben China eines der wenigen Länder mit wachsender Wirtschaft im Corona-Jahr. Wenn die IWF-Projektionen korrekt sind, dann wird das Pro-Kopf-Einkommen Bangladeschs am Ende dieses Finanzjahres höher sein als das indische. 

Sollte das Pro-Kopf-Einkommen Bangladeschs dasjenige Indiens übertreffen, werde dieses einstige Armenhaus Asiens nach Sri Lanka und den Malediven das drittreichste Land Südasiens sein. Dies ist ein Schock für viele Inder, die sich immer noch ein falsches Bild von dem Nachbarland machen und es bislang als hoffnungslosen Fall betrachteten. Das gilt insbesondere im Zusammenhang mit dem neuen Staatsbürgerschaftsgesetzt „Citizenship Amendment Act“ von 2019, mit dem Millionen von bengalischen muslimischen Zuwanderern, die nach der Unabhängigkeit von Bangladesch 1971 nach Indien geflüchtet waren, die indische Staatsangehörigkeit entzogen wurde. Indien war der Geburtshelfer bei der Unabhängigkeit des ehemaligen Ost-Pakistan von Pakistan.

China streckt schon die Fühler aus

Selbst wenn sich Indien im kommenden Jahr nach Einführung eines Corona-Impfstoffs mit einer prognostizierten Wachstumsrate von acht Prozent verbessern sollte, könnte es den Rückstand zu Bangladesch nur schwer wieder wettmachen. Dieser Rückgang um mehr als zehn Prozent ist in einem Jahr nicht aufzuholen. Das Pro-Kopf-Einkommen Indiens lag vor fünf Jahren noch um 40 Prozent höher als das von Bangladesch. 

In den zurückliegenden fünf Jahren ist die Wirtschaft Bangladeschs um 9,1 Prozent, die Indiens aber nur um 3,2 Prozent gewachsen ist. Nur so konnte es Bangladesch es schaffen, etwa zwei Millionen wenigstens die Landessprache Bengalisch sprechende Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar problemlos zu integrieren. 

Indien muss sich unter Führung von Premierminister Narendra Modi der Frage stellen, warum das Land in den vergangenen fünf Jahren seine Wachstumsdynamik in einem solchen Ausmaß verloren hat. Covid-19 ist dabei nur der Auslöser, nicht die Ursache. Unter dem Hindunationalisten Modi ist Indien zum Protektionismus zurückgekehrt. 

Das Wachstum von Bangladesch basiert heute ebenso auf dem Export wie dasjenige Indiens vor Modi. Während Bangladeschs Exporte auch in der Pandemie boomen, sind diejenigen Indiens ins Stocken geraten.

Indien hatte in den vergangenen 15 Jahren die besten Beziehungen zu Bangladesch unterhalten. Das Land hat, anders als die meisten islamischen Länder, seine Regierungsführung entislamisiert und mit Indien bei der Kontrolle des islamischen Terrorismus zusammengearbeitet. Ein Blasphemiegesetz wie in Pakistan, das jede Regierung zum Werkzeug von radikalen Moslems macht, gibt es in Bangladesch nicht. 

Beim Terrorkrieg gegen Pakistan in Kaschmir und dem Himalayakrieg gegen China stand Bangladesch überdies auf der Seite Indiens. Es ist das einzige Nachbarland, mit dem Indien freundschaftliche Beziehungen hat. Doch jetzt hat China bereits seine Fühler nach Bangladesch ausgestreckt, sehr zum Schrecken der USA.